Samstag, 31. Dezember 2016

Jahresrückblick 2016

2016: Warum zurück schauen?
Alle, die dieses Blog schon etwas länger verfolgen, haben meine vielen Erlebnisse und Veränderungen in (natürlich ziemlich verkürzter Form) mitbekommen.

Seit 2012 setze ich mich wann immer ich Zeit finde in kleine Cafés und schreibe meine Erlebnisse und Gedanken in der Hoffnung nieder, dass sie für irgend jemand in den Weiten des Internets nützlich sind.

Apple iPad Pro 9,7" rosegold 128 GB mit Logi-Tastatur
Auf dem "Kleinen" entstehen die meisten Posts - hier mal im "Treibhaus" in der Nürnberger Innenstadt.


Aber meine Blogbeiträge sind auch für mich nützlich. Ich denke über die jüngere Vergangenheit nach und lasse meine damaligen Gedanken nochmals Revue passieren.

2016: Für mich das entscheidende Jahr.
- Ich habe mich bei sehr vielen Menschen geoutet und Ihnen meine Gefühle und Beweggründe dargelegt. Dabei immer das Risiko geschätzte Freunde und Kollegen zu verlieren.


  • Es gab einige Situationen, die mich verletzt haben, in denen ich verängstigt und verunsichert war.
  • Ich habe meinen Job innerlich zur Disposition gestellt, weil mein Weg für mich klar ist.
  • Ich war bei so vielen unterschiedlichen Ärzten und Krankenhäusern und wurde so intensiv untersucht wie noch nie in meinem Leben.
  • Ich musste für Gutachten und Behandlung mein Innerstes nach außen kehren.
  • Ich war das erste Mal bei Gericht und habe den ernsten Schritt unternommen, meinen Vornamen und meinen Personenstand zu ändern.
  • Ich musste (und muss) mich in einer neuen Geschlechterrolle zurechtfinden und dabei auch auf liebgewonnene (und ungesunde) Gewohnheiten und Hobbies verzichten.
  • Ich musste meinen Stimmbändern ungewohnte Töne beibringen und mit Plüschbären flirten.
  • Mit Beginn der Hormonersatztherapie habe ich endgültig beschlossen, keine eigenen Kinder zu haben.

Richtig entschieden?
Einige Punkte hören sich hart an und sind es auch. Es hat ja keinen Sinn, schwierige Dinge einfach zu reden. Der ganze Prozess ist hart und steinig, aber für mich war es die richtige Entscheidung, weil ich auch sehr viele positive Erlebnisse hatte.
Ich habe viel gegeben, aber sehr viel mehr bekommen.
2016 hat mich auf meinem Weg ein gutes Stück vorangebracht und ich bin sehr froh darüber, dass viele Dinge sehr gut gelaufen sind.

Was kommt 2017?
Das weiß ich natürlich noch nicht, aber ich habe mir Meilensteine und Ziele gesetzt, welche ich erreichen möchte.

  • Zuerst wird sich wohl erstmal mein Name ändern (alle die sich umgewöhnen müssen - ihr schafft das - ich bin nicht streng und Danke).
  • Nach unzähligen Briefen und Anrufen, werden dann wohl auch irgendwann alle Unterlagen stimmen.
  • Ich werde mich schriftlich vor über hundert Menschen guten.
  • Ich werde an meiner Frisur, der Stimme und somit dem "Passung" arbeiten.
  • Ich werde mich übel pieksen lassen, um auch die letzten Barthaare loszuwerden.
  • Ich werde verschiedene Operateure kennenlernen und vielleicht meine Gesundheit und mein Leben aufs Spiel setzen.

Gute Vorsätze

  1. Ich habe 2016 zum ersten Mal mein Leben richtig genossen, damit höre ich nicht auf.
  2. Ich achte (o' Wunder!) mehr auf meine Figur.
  3. Ich achte und schätze meine Freunde und habe immer ein offenes Ohr.

Zum Schluss...
...möchte ich noch eine kleine Anekdote aus dem Büro erzählen:
Unsere Sekretärin hängt einen großen Kalender an die Wand in dem wir alle Geburtstage und Urlaube eintragen.
Als sie meinen Namen an meinem Geburtstag einträgt, lächelt sie, zwinkert und sagt:
"Der Kalender ist abwaschbar - den Namen ändern wir ja noch."

Euch allen einen "Guten Rutsch" und einen tollen Start ins Jahr 2017 in dem ihr hoffentlich alles findet und erreicht, was ihr euch wünscht und erhofft.

Ich freue mich auf 2017.

Birgit 

Samstag, 24. Dezember 2016

Frohe Weihnachten

Alles wird gut...
Obwohl ich ein wenig traurig bin, dass heute meine geliebte Vorweihnachtszeit zu Ende geht, freue ich mich doch auf das Weihnachtsfest.

Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass es (formell) auch mein letztes Weihnachtsfest als Mann sein wird.
Denn spätestens Anfang Februar sollte mein Verfahren zur Vornamens-, und Personenstandsänderung wohl abgeschlossen sein und wieder ein Mosaiksteinchen an seinen Platz rücken.

Zwischen Weihnachten 2015 und heute ist für mich unglaublich viel passiert und ich danke Gott, dass er mir erlaubt hat, einige sehr liebe Menschen anders neu kennenzulernen.

Seit meinem Outing habe ich im privaten wie im beruflichen Umfeld sehr viel Zuspruch, Aufmunterung und auch Aufmerksamkeit erhalten. Vieles fühlt sich so anders aber auch so wunderbar an, dass ich es kaum beschreiben kann.

Ein besonders lieb gestaltetes Weihnachtsgeschenk bekam ich von einer langjährigen Kollegin und Freundin. Ich war so gerührt, dass ich beinahe ein paar Tränen vergossen hätte.
Neben Aufmunterung, Tipps und Unterstützung bekam ich ein Buch mit einer ganz tollen Widmung.
Die Widmung behalte ich für mich, aber das Cover möchte ich euch nicht vorenthalten.

Obwohl der Inhalt natürlich nicht vollkommen ernst gemeint ist, zeigt es doch die Akzeptanz, die mir von meinen Freunden entgegengebracht wird und Akzeptanz ist eines der wichtigsten Dinge, die ich mir mit jedem Outing erhoffe.
Einige Dinge aus kann ich übrigens bereits abhaken, es sind aber bestimmt noch mehr als achtzig übrig...

Dieses Jahr bekam ich auch zum ersten Mal in meinem Leben ein Päckchen zu Weihnachten.
Ich freue mich ja schon sehr über jede persönlich geschriebene Weihnachtskarte, aber ein Päckchen von einer langjährigen Arbeitskollegin hätte ich wirklich nicht erwartet.

Wie schon in der Überschrift - Alles wird gut.
Ich kann allen Betroffenen nur raten, wenn ihr es für euch erkennt und wisst, denkt gut darüber nach, aber wartet nicht aus Angst. Die Menschen sind viel besser als ihr ahnt.

Ich wünsche euch und euren Familien ein harmonisches und ruhiges Weihnachtsfest, das euch einander näher bringt und Vertrauen schafft oder stärkt.

Frohe Weihnachten aus einem kleinen Nürnberger Café.

Birgit
 

Dienstag, 13. Dezember 2016

Hormonersatztherapie: 2,5 Monate

Gestern hatte ich nach knapp zweieinhalb Monaten meinen ersten Kontrolltermin in der Frauenklinik der Universität Erlangen.

Vorweg will ich noch schnell schreiben, dass dies nun nicht der Beginn eines Hormontagebuches ist.
Die ganze HRT ist ja etwas sehr individuelles und ich will nur kurz von meinen Eindrücken und Erfahrungen berichten.

Meine Hormonersatztherapie dauert nun schon zweieinhalb Monate und in einigen Punkten zeigen sich schon kleine Veränderungen:

1. KKK-Kalt
Mir ist öfter kalt und ich friere auch schneller. Das kann man natürlich positiv oder negativ sehen. Nach einer halben Stunde Warten auf die S-Bahn brauche ich unbedingt etwas Warmes zu trinken. Außerdem gibt es ja so kuschelige Sachen, die ich jetzt tragen kann ohne darin vor Hitze umzukommen...

2. Müüüüde
Manchmal bin ich Abends einfach furchtbar müde und an einigen Tagen würde ich ohne Wecker wohl bis 12 Uhr Mittags durchschlafen. Der Körper bekommt wohl so eine Art Anti-Doping und die zweite Pubertät benötigt doch einige Energie.
Nach einiger Zeit hatte ich mich jedoch daran gewöhnt und kann mich darauf einstellen. Finde ich nicht weiter schlimm.

3. Obenrum?
Ja für die Brustfee bin ich mit Ü40 schon etwas spät dran. Aber trotzdem habe ich schon etwas Brust bekommen, so dass auch mich nach der eher kurzen Zeitspanne nicht beklagen kann.
Als Fränkin sage ich dazu im Moment: Bassdscho (passt schon).

4. Untenrum?
Das ist vielleicht ebenfalls interessant aber - kein Kommentar...

5. Überhaupt?
Ich merke schon, dass alles etwas weicher wird und die Muskulatur nachlässt. Aber das ist ja auch ok.
Welche Frau will denn schon muskulös, hager und drahtig daherkommen? Ich jedenfalls nicht mehr. Noch ein Bassdscho.

6. Gefühl?
Das Gefühl ist das Beste von Allem. Einfach unbeschreiblich. Ich kann nicht sagen, dass ich depressiv werde, oder ständig in Tränen ausbreche, aber es fühlt sich einfach anders und gleichzeitig so toll an.
Ein doppeltes Bassdscho!

Wie es weitergeht
Weil alles so gut läuft und weil ich mich auch gut fühle, haben wir gestern die Dosierung ein klein wenig erhöht und Gucken in drei Monaten nochmal, was sich getan hat.

Die Ärztinnen und Pflegerinnen in Erlangen waren wieder sehr nett und man fühlt sich gut aufgehoben (außerdem sind sie Meisterinnen im Blutabnehmen - klappt immer - piekt kaum - Bassdscho!)

Heute mal wieder aus einem ziemlich unweihnachtlichen Starbucks.

Bis bald.

Birgit

Samstag, 10. Dezember 2016

Vorweihnachtszeit in Nürnberg - Abwarten und Kaffee trinken

Warum ich die Vorweihnachtszeit mag
Ich lebe ja sehr gerne in Nürnberg mit seiner langen Geschichte, der schönen Altstadt, Bratwürsten, Lebkuchen, Butzenscheiben und seinen toleranten Menschen.

Ich hab ja erst dieses Jahr richtig herausgefunden, dass die Nürnberger toleranter sind, als ich gedacht habe. Manche gucken (aber eher interessiert als böse) und bisher habe ich noch kein böses Wort bekommen. Ich bin stolz auf meine Stadt.

Der Nürnberger Christkindlesmarkt ist die Gelegenheit, alte Nürnberger Traditionen und Spezialitäten kennenzulernen und zu genießen.



Obwohl ich schon auf einigen Weihnachtsmärkten war, ist mir der Nürnberger der Liebste (dicht gefolgt von Leipzig). Gut - er hat leider nicht mehr das gleiche Flair wie 1984 und dieses Jahr musste sogar die gute, alte Postkutsche der Polizeiabsperrung weichen - die Terrorangst ist auch auf dem Hauptmarkt angekommen.

Ich liebe es durch die Stadt zu schlendern, Lebkuchen zu naschen, den Duft von Rostbratwürsten und Glühwein in der Nase zu haben und mir die Zeit zu nehmen, mein Leben zu genießen und vielleicht auch noch ein wenig zu Shoppen.

Als transidenter Mensch ist das ja oft gar nicht so einfach, unser Alltag ist manches Mal von Verstecken und Ängsten geprägt. Ich bin froh, dass es bei mir nicht mehr so ist. Das gehört eben auch zum Alltagstest - den Stresslevel langsam herunter zu bekommen, um ein normales Leben führen zu können.

Das "normale" Leben
Nach vielen, vielen Terminen war in der letzten Woche wirklich gar nicht soviel los.
In Teilen von Bayern würde man es wohl als die "staate Zeit" bezeichnen.

Nächste Woche geht es aber wieder voll los - mit Endokrinologie in der Uni-Frauenklinik und meinem ersten Blutbild nach zwei Monaten HRT. Dann der erste Termin bei einer Elektrologistin, die einen Antrag zur Kasse schickt, damit ich auch die letzten, hartnäckigen Barthaare loswerde.

Derzeit warte ich auch noch auf mein zweites Gutachten zur VÄ/PÄ.
Vielleicht bekomme ich ja doch noch ein besonderes Weihnachtsgeschenk?

Jetzt muss ich aber aufhören - mein Kaffee ist leer und ich bekomme gleich Besuch in meinem Lieblingscafé.

Macht es gut und nehmt euch etwas Zeit um die Vorweihnachtszeit zu genießen.


 

Samstag, 26. November 2016

Transident - Wie sag ich's meinem Chef? Teil 2

Hierarchie - Von unten nach oben - und wieder nach unten?
Ich arbeite nun schon ziemlich lange in einem Unternehmen mit langer Geschichte und mit einer lange gewachsenen Hierarchie (auch wenn sie nicht mehr ganz so starr wie früher ist).

Leser(innen) der ersten Stunde können ja schon am Zeitstrahl meiner Beiträge erkennen, dass sich meine Transition eher gemächlich und überlegt vollzieht. Ob das nun mit meinem Alter oder mit meinem Wesen zu tun hat weiß ich nicht genau - vielleicht ein wenig von beidem.

Deshalb habe ich mir auch das Outing im Job gut überlegt und mich entsprechend darauf vorbereitet.
Dabei hilft es ungemein, Erfahrungen aus anderen Blogs oder in der Selbsthilfegruppe in die eigenen Überlegungen einzubeziehen. Das Ganze habe ich dann an meinen Job (Büroarbeit mit mehr als 100 Kolleginnen und Kollegen) angepasst.

Für mein Outing im Job hatte ich mir diese Reihenfolge ausgedacht:

1. Kolleginnen und Kollegen mit denen ich schon lange zusammenarbeite
(mein Büro-Mikrokosmos im Konzern) sage ich es persönlich einzeln.

2. Der Betriebsrat erfährt es ebenfalls im Einzelgespräch
(für Betriebs-, und Personalräte gibt es übrigens von Trans* in Arbeit spezielle Flyer und Reader).

3. Mein direkter Vorgesetzter 
(Leiter/Teamleiter) erfährt es natürlich auch persönlich und zwar im Einzelgespräch ohne Begleitung durch Betriebsrat oder andere Kolleginnen (auch hier gibt es spezielle Flyer und Reader von Trans* in Arbeit).

4. Der indirekte bzw. nächsthöhere Vorgesetzte
(Bereichsleiter o.ä.) sollte es (falls möglich) auch persönlich im Einzelgespräch erfahren (bekommt die gleichen Infos wie der direkte Vorgesetzte).

5. Die Belegschaft der Firma, mit der ich überwiegend zu tun habe
(ca. 100+ Personen). Das geht natürlich nicht persönlich, hier wähle ich die Methode per E-Mail vor dem Urlaub, weil ich nicht durch die Lande tingeln will um alle zu informieren. Ich finde es aber wichtig, Einzelnen für Fragen zur Verfügung zu stehen, um sie abzuholen. (Mails als Anregung und Denkanstoß finden sich in diversen Blogs).

Ich habe diese Woche Punkt 4 erfolgreich hinter mich gebracht und Punkt 5 knüpfe ich für mich an den Abschluß der Vornamens-, und Personenstandsänderung.

Ich möchte nochmal ausdrücklich betonen, dass es keinen vorgegebenen (optimalen) Weg für ein Outing gibt. Jede(r) sollte Infos und Tipps dazu nutzen, um sein persönliches Rezept zu finden (der begleitende Psychologe kann hier auch gut unterstützen.

Ich persönlich finde es sehr wichtig, jeden (falls irgend möglich) bei der Transition abzuholen und mitzunehmen. Das ist nicht bei jedem Menschen möglich, aber oft fehlen informationen um Vorurteile, Befürchtungen und Probleme im Umgang zu vermeiden oder abzubauen.

Verstehen Sie, was ich sage!!??
Eine verständliche Sprache ist beim Outing ebenfalls wichtig. Ich möchte meinem Gegenüber ja etwas nicht alltägliches mitteilen (und hoffe auf Aktzeptanz vielleicht sogar auf. Verständnis).
Das geht aber nur, wenn ich auch verständlich spreche.

"Ich leide an Geschlechtsinkongruenz" oder "ich bin Transident" vielleicht auch "ich werde künftig als Frau leben" kann für die eine Person verständlich sein, für eine andere nicht.
Dann kann es notwendig sein, auch mal veraltete und unbequeme Begriffe "ich bin Transsexuell" zu verwenden. Antwort: "Du bist 'ne Transe?". Das ist nicht optimal, aber mit etwas Gefühl lässt es sich trotzdem erklären und das Gegenüber reagiert positiv.

Es hat ja keinen Sinn mit korrekten Begrifflichkeiten um sich zu werfen, wenn einen niemand versteht.

Transition betrifft immer auch die Menschen im näheren Umfeld.
Im Jahr 2016 kann man auch "einfach sein Ding durchziehen" nur ist das nicht immer klug.

In meinem näheren Umfeld ist nun meine Kaffeetasse leer und ich finde es klug, einen weiteren Kaffee zu trinken.

Heute wieder Grüße aus meinem gewohnten Café.

Birgit



Samstag, 19. November 2016

Update: Gutachten für die Vornamens-, und Personenstandsänderung

Herbst und Winter haben Nürnberg fest im Griff, es regnet wie aus Kübeln und mein Lieblingscafé ist vollkommen überfüllt.
Darum hab ich mir einen Platz in einem der ältesten Bistros Nürnbergs gesucht und schreibe jetzt ein wenig über meine letzten Wochen, die ganz im Zeichen der VA/PÄ standen.

Erstes Gutachten
Nach meinem Termin Ende September hatte ich nach ungefähr sechs Wochen Post vom Amtsgericht mit einer Abschrift des ersten Gutachtens im Briefkasten. Obwohl ich an diesem Abend von der Arbeit (oder den Hormonen?) ziemlich müde war, musste ich das Kuvert unbedingt öffnen um das Gutachten zu lesen.
Glücklicherweise war es positiv und die VA/PÄ wird ausdrücklich befürwortet. Es ist schon ein wenig seltsam ein "Gutachten" über sich selbst und seine komplette Lebensgeschichte zu lesen.
In diesen "Genuss" kommen wohl nur wenige Menschen und auch wenn es positiv ausgefallen und nun mal notwendig ist, finde ich dennoch, dass so etwas ein klitzekleinwenig die Menschenwürde verletzt.

Zweites Gutachten
Als zweiter Gutachter wurde ein Nürnberger Gutachter mit viel Berufserfahrung bestellt.

Während ich bei der ersten Gutachterin Ausweis und Trans-Lebenslauf benötigte, wollte dieser lieber Arztbriefe des Psychologen. So verlief das Gespräch auch etwas anders, weil ich frei weg erzählen konnte und keine Fragen aus dem Lebenslauf gestellt werden konnten. Am Ende des Termins vereinbarten wir noch einen Folgetermin (ich habe mir sagen lassen, dass bis zu fünf ganz normal sind) und beendeten das angenehme Gespräch.

Einige Wochen später folgte dann der zweite Termin und dieses Gespräch verlief ähnlich wie das erste.
Am Ende folgte noch ein Fragebogen und wir verabschiedeten uns ohne einen dritten Termin zu vereinbaren.
Nun hoffe ich natürlich, das dies ein gutes Zeichen ist und warte auf meine zweite Abschrift vom Amtsgericht.

Im Grunde verlaufen die Gespräche ja immer sehr ähnlich und ich finde, dass man irgendwann aufpassen muss, dass ganze nicht herunterzuleiern, etwas wichtiges zu vergessen und es auf die leichte Schulter zu nehmen. Dafür ist die Angelegenheit zu ernst und zu wichtig.
Nur fällt nach vielen Gesprächen die Nervosität, die Anspannung (und leider auch die Konzentration) weg und man wird lockerer. Das ist ja ganz gut, aber es sollte nicht zu locker werden.

Die Gespräche an sich sind nicht schlimm und Ängste sind unbegründet.
Schließlich tauchen wir ja nicht einfach so bei einem Gutachter auf, sondern haben schon viele ähnliche Gespräche mit unseren Begleitern hinter uns, bis wir die VA/PÄ beantragen können.
Es geht darum authentisch zu sein und das dürfte wohl keinem transidenten Menschen schwerfallen - es ergibt sich sozusagen von selbst.

Es ist schon ein merkwürdiges Gefühl, zu wissen, dass bald das nächste Mosaiksteinchen an seinen Platz fällt. Eben noch so weit weg und dann direkt vor der Haustür bzw. Im Briefkasten.

Was als nächstes kommt
Die letzte Stunde des zweiten Logopädie-Rezepts rückt näher und ich nehme sie nach Absprache mit der Logopädin nach einigen Wochen Pause um alles nochmal zu üben, zu verinnerlichen, Fragen aufkommen zu lassen um wichtige Dinge nochmals anzusprechen.

Trotz vieler IPL-Sitzungen brauche ich für ein paar Stellen im Gesicht trotzdem eine Nadelepilation, weil die Barthaare einfach nicht weichen wollen. Hier einen Termin zu bekommen, ist bislang das Schwierigste an meiner ganzen Transition.

Aber als nächstes kommt jetzt zuerst mein Mittagessen, weil mein zweiter Milchkaffee mittlerweile leer ist und es damit auch Zeit ist, diesen Post zu beenden.

Grüße aus dem Nürnberger Sumpfgebiet und bis bald.

Birgit

Samstag, 29. Oktober 2016

Transident - Wie sag ich's meinem Chef?

So ein Outing kann sich ja wirklich in die Länge ziehen - fast ein Jahr muss ich mich immer wieder mal damit beschäftigen.

Dabei habe ich nicht nur herausgefunden, dass es oft einfacher als gedacht ist, sondern, dass das Timing eine große Rolle spielt. Eine durchdachte Reihenfolge, keine Hast, ein passender Ort und der "richtige Moment" können vieles leichter machen.
 
Nach Ärzten, Firmen, Freunden, Bekannten, Betriebsrat und einigen Kollegen sollte vor der Vornamens-, und Personenstandsänderung natürlich auch der direkte Vorgesetzte informiert werden, weil sich danach ja doch auch am Arbeitsplatz organisatorisch einiges ändert.

Bei meinem Outing beim Chef habe ich mich an dem "Ratgeber Transidentität" des Trans-Ident e. V. orientiert.
Ich arbeite mit meinem direkten Chef nun schon über zehn Jahre zusammen und wir pflegen einen offenen und respektvollen Umgang - man kann sagen, wir haben ein gutes Verhältnis und können offen reden. Das ist viel wert.

Wie im Ratgeber beschrieben, habe ich einen Termin vereinbart und gesagt, dass es um etwas wichtiges Privates geht. Im Gepäck hatte ich einige Flyer (Trans-Ident e. V. und Trans* in Arbeit).
Betriebsrat und Begleitung sollten (falls notwendig) später hinzugezogen werden - ein Vier-Augen-Gespräch ist besser und schafft keine unnötigen "Fronten".

Im Unterschied zu den privaten Outings sollte der Schwerpunkt aber weniger auf Gefühlen und Befindlichkeiten liegen, sondern was die Transition für das berufliche Umfeld und die Aufgaben konkret bedeutet.

Chefs müssen steuern und organisieren können. Es hilft, wenn man ihnen Wege aufzeigt und mitteilt, dass man als Frau genau so gute Arbeit leisten wird und das man sich einige Gedanken zum Outing vor der Belegschaft gemacht hat, zu Aussehen und Kleidung, Regelungen (Namensänderung, Toilette, Ansprechpartner usw.).
Das vermittelt dem Chef, dass die Transition schon organisiert ist, bzw. durch seine Hilfe organisiert werden kann und der Betrieb nicht beeinträchtigt wird.

Mein Chef war sehr nett und hat es erstaunt aber interessiert aufgenommen.
Er stand auf, reichte mir die Hand, bedankte sich für mein Vertrauen, beglückwünschte mich zu meiner Entscheidung und sicherte mir seine Unterstützung zu.
Am nächsten Tag hatte er die Flyer studiert und stellte mir noch einige Verständnisfragen.

Ich finde, besser kann es nicht laufen und als Führungskraft kann man es auch nicht besser machen.
Ich weiß schon, warum ich so gerne in diesem Team und in diesem Unternehmen arbeite.

Nun warte ich auf den Abschluß meiner Vornamens-, und Personenstandsänderung. Denn danach haben wir das Outing vor dem kompletten Team und dem Rest der Belegschaft vereinbart.
Timing ist ja auch hier wichtig - zu früh ist blöd und zu spät ist auch nicht gut.

Wieder ein Mosaiksteinchen an seinen Platz gerückt - und wieder einen Kaffee in einem meiner Nürnberger Lieblingscafés getrunken - wieder ein neuer Post.

Alles wird gut.

Birgit

Samstag, 22. Oktober 2016

Einhörner im Alltag

Das Einhorn ist ja selbst unter den Fabeltieren ein seltenes Tier.
In diesem nicht ganz ernst gemeintem Post möchte ich erklären, warum es als Transfrau ganz nützlich sein kann, immer ein imaginäres Einhorn in der Handtasche dabei zu haben.

Beobachtet man Menschen, wenn sie im Tiergarten ein besonders seltenes Tier entdeckt haben, dann passieren meist folgende Dinge:

- Der Blick haftet wie gebannt auf dem fremden Wesen,
- die Augen weiten sich,
- der Mund formt sich zu einem "O" (meist ist es auch zu hören)
- der Zeigefinger macht seinem Namen alle Ehre,
- Begleiter werden angestupst "schau mal!"

Die große Frage - Was denkt sich das seltene Tier in diesem Moment?

Zwischen einer Transfrau im Alltagstest und dem seltenen Tier (vielleicht ein Einhorn?) gibt es manchmal deutliche Parallelen.
Während das oben beschriebene Verhalten bei dem Tier kaum oder keine Reaktion hervorruft (so lange keine Gefahr droht), führt es bei uns manchmal zu Verunsicherungen und vielleicht sogar zum Fluchtverhalten.

Wenn ich so durch Nürnberg laufe, kommt es zwar selten aber dennoch vor, dass ich mich manchmal wie so ein Einhorn fühle. Transidente Menschen wirken auf einige andere Mitmenschen immer noch selten und exotisch.

Dann würde ich diesen Menschen gerne ein kleines Einhorn überreichen und ihnen sagen, dass sie in diesem Moment etwas Neues gesehen und etwas für ihr Leben gelernt haben. Vielleicht würde ich auch noch die Worte "Vielfalt" und "Toleranz" irgendwie mit einflechten.



Spaß beiseite. Wenn jemand die Augen aus dem Kopf zu fallen drohen, denke ich mir einfach: "Mist! Wieder kein Einhorn für ihn dabei."
Das zaubert mir meist ein kleines Lächeln in mein Gesicht und nimmt der Situation die Spannung.
Dieser kleine Trick mit dem imaginären Einhorn hilft mir also durch den Alltag.

Zum Glück sind die meisten Franken nette und interessierte Leute und mein Einhorn bleibt ein seltenes Tier, weil es meist ruhig in meiner Handtasche schlummert...

Dieser Post kommt wieder einmal aus einem wundervollen Nürnberger Studentencafé (zum Glück lassen sie mich auch Ü40 und ohne Studium rein) und wurde Mithilfe von viel Milchkaffee geschrieben.

Da sich Kaffee und Post ihrem Ende zu neigen... alles Gute und vielleicht habt ihr ja Platz für ein klitzekleines Einhorn in eurer Tasche?

Birgit

Samstag, 8. Oktober 2016

Alltagstest, Outing und erste Woche Hormonersatztherapie

Die Zeit vergeht und der Herbst hat Mittelfranken fest im Griff.
Weil in meinem Kleiderschrank nur noch einige Kleidungsstücke aus meinem "alten Leben" vorhanden sind, ist es die perfekte Gelegenheit um Kleidungsstücke zu kombinieren, mich auszuprobieren und in meinem "Alltagstest" neue Erfahrungen zu sammeln.

Eines meiner Lieblingscafés ist wegen des kühlen Wetters wirklich brechend voll und es gäbe wirklich keine Möglichkeit, sich unauffällig irgendwie, irgendwo zu verstecken.
Das will ich aber natürlich auch gar nicht mehr. Deshalb gibt es ja den Alltagstest. Schließlich kann ich ja nicht meinen Vornamen-, und Personenstand ändern, Hormone nehmen, eine OP planen und mich im Alltag verstecken. Das ist nicht realistisch und wer will schon so Leben?

Diese Woche hatte ich nach längerer Zeit wieder einem Termin bei meinem Augenarzt, den ich auch gleich dazu genutzt habe, um mich zu outen (Ärzte bitte nicht vergessen, wegen evtl. Wechselwirkungen von Medikamenten anderer Behandlungen während der HET).

Der nächste Termin ist schließlich erst wieder in einigen Monaten und da habe ich mich etwas Glück schon einen anderen Ausweis und eine andere Krankenversicherungskarte. Er kannte das Thema zuerst nicht, behandelt mich aber auch gerne als Frau weiter. Das freut mich natürlich, weil ich wirklich gerne zu ihm gehe.

Die erste Woche meiner Hormonersatztherapie (HET) ist nun auch schon vorbei.
Was soll ich sagen? Bisher habe ich nicht viel gespürt.
Am Abend des fünften Tages juckte und zog es im Brustbereich schon ganz schön. Aber das hielt nur einige Stunden an. Bisher vertrage ich die Medikation psychisch und physisch sehr gut.

Das Gefühl, jetzt die richtigen Hormone zu bekommen, ist allerdings unbezahlbar.
Es passt wieder ein Stück ins Mosaik und ich fühle mich im Alltag sicherer und freier (warum das so ist, kann ich leider nicht erklären).

Ich gehe einfach geduldig wie ein Esel meinen Weg weiter und warte, was die Zukunft bringt.

Liebe Grüße

Birgit

Samstag, 1. Oktober 2016

Erster Gutachtertermin

Gestern hatte ich den ersten meiner beiden Gutachtertermine und ich muss sagen, es war wirklich ein sehr angenehmes und entspanntes Gespräch.

Vorher war ich natürlich ziemlich aufgeregt, aber so einen Termin hat man ja nicht jeden Tag.
Also fuhr ich mit der U-Bahn ins benachbarte Fürth und kam pünktlich an der Praxis an.
Diese befand sich in einem Altbau mit hohen Wänden und schön gestalteten Stuckdecken.
Die ganze Praxis verströmte eine angenehme und ruhige Atmosphäre und ich fand, dass die Zimmer sehr liebevoll und schön gestaltet waren.

Nachdem ich den obligatorischen 4-seitigen Fragebogen ausgefüllt hatte, begann das Gespräch.
Ich hatte die Gutachterin bereits vor einigen Jahren auf einem Vortrag über Transidentität kennengelernt und sie als sehr angenehme und kompetente Person in Erinnerung behalten.
Deshalb war ich auch sehr froh, dass der Richter meinem Gutachtervorschlag folgte und ich bei ihr kurzfristig einen Termin bekam.

Ich gehe hier natürlich nicht auf Details ein, aber Kompetenz bedeutet eben auch unangenehme Fragen zu stellen um ein zutreffendes Gutachten erstellen zu können. Das gehört einfach dazu und es hilft wirklich niemand, hier wichtige Punkte auszuklammern.

Es war ein intensives und interessantes Gespräch, aus dem ich mit einem positiven Gefühl herausging.

Wie stehe ich zu Gutachten?
Ich möchte hier mal kurz meine persönlichen Gedanken zum Verfahren und zu den Gutachten niederschreiben.
Ich persönlich finde, dass dieses gesamte Verfahren in einigen wenigen Punkten vereinfacht werden könnte (ein Gutachten für Vornamensänderung und OP sollte doch reichen), halte es aber nicht für so schlecht, wie es oft dargestellt wird.

Natürlich erscheint es im Kontext der Menschenwürde fragwürdig, sich begutachten lassen zu müssen, zum Psychologen und Psychiater und zu verschiedenen Ärzten geschickt zu werden.
Diesen dann Rede und Antwort zu stehen und sie in einer Art und Weise auch zu überzeugen, dass sie das Richtige tun, wenn sie Betroffene unterstützen.

Aber: Verbesserungspotenziale gibt es in jedem Prozess. Ich finde es für mich nicht sinnvoll, gegen das Verfahren an sich zu kämpfen und nur die negativen Punkte zu betrachten und zu verteufeln, sondern sich darauf einzulassen, die positiven Aspekte in dieser Zeit zu suchen, zu nutzen und sich helfen zu lassen (auch wenn es mir manchmal nicht ganz leicht fällt).

Fast alle an dem Verfahren beteiligten Menschen machten nur ihre Arbeit und wollten mir helfen.
Dafür bin ich wirklich dankbar und ich hoffe, dass es auch in Zukunft ähnlich bleibt.

Deshalb mein Rat aus einem Nürnberger Café:
Denkt positiv und konzentriert eure Energie auf die wichtigen Dinge euerer Transition, versucht stark zu bleiben und Hilfe anzunehmen - lasst euch auf andere Menschen ein.

Liebe Grüße

Birgit

Dienstag, 27. September 2016

Gutachtertermine und Hormonersatztherapie

Nach einem etwas flauem Sommermonat gibt es nun wieder deutlich mehr Termine und ein Mosaiksteinchen findet zum anderen.

Vornamens-, und Personenstandsänderung
Dafür, dass ich den Antrag ja erst Anfang August gestellt habe, hat sich wirklich schon einiges getan. Kurz darauf hatte ich ja den Termin beim Amtsgericht in Nürnberg und weil es so schnell gearbeitet hat, konnte ich diese Woche schon mit beiden Gutachtern erste Termine vereinbaren.
Da beide Termine gleich in den nächsten Tagen bzw. Wochen anstehen, kann ich mich auch hier nicht beschweren.

Hormonersatztherapie
Nach meinem ersten Termin im Juli in Erlangen war ich wegen der Vorstellung beim Urologen doch ein klein wenig verunsichert.

Nachdem ich aber in Ellen's Blog (das übrigens genau Heute zwei Jahre alt wird - Glückwunsch Ellen ...und vielen Dank) von ihren Erfahrungen in Erlangen gelesen hatte, war ich wieder beruhigt.
Genau so ruhig fuhr ich gestern mit der Bahn nach Erlangen und bekam zu meiner großen Freude das Rezept aller Rezepte ausgestellt - das Gefühl ist wirklich schwer zu beschreiben.
Zum Glück hat sich meine Hausärztin bereit erklärt, mir alle 28 Tage die notwendige Spritze zu setzen, so dass mein Sisare-Gel ungestört wirken kann.
Heute musste ich natürlich sofort mein Rezept einlösen und wenn bis Freitag alle notwendigen Medikamente bereit sind, kann es nach 43 Jahren endlich losgehen.

Dieser Post wurde wieder nicht in einem Starbucks, sondern in einem Bistro geschrieben.
Weil ich Urlaub habe, muss ich jetzt noch ein wenig in der Nürnberger Innenstadt Shoppen gehen.
Vielleicht geht es danach noch ins Kino - ich war schon ewig nicht mehr dort und "Snowden" interessiert mich schon, auch wenn ich die ausführliche Reportage schon gesehen habe.

Machts gut und alles Liebe.

Birgit

Donnerstag, 15. September 2016

Blogs & VLogs

Heute geht es mal nicht direkt um mich, sondern um Blogs und VLogs.

Ich bin ja nun schon etwas älter und ich denke, dass es junge transidente Menschen heute oft leichter haben (zum Glück), weil sie sich über das Internet austauschen können.
Ich persönlich finde Blogs und Videos schon wichtig, weil sie mich auf meinem Weg durch Erfahrungsberichte und pure Information unterstützen.

All-Time Favourites
Deshalb finde ich auch altmodische Blogs mit einer Blogroll so schön (ich mag sie am liebsten chronologisch).
Über die Jahre habe ich im Internet unzählige Webseiten, Videos und Blogs gelesen.
Einige der Blogs, die mir besonders geholfen haben, sind bei mir sozusagen "All-Time-Favourites" und bleiben auch Jahre nach dem letzten Post noch in meiner Blogroll.

Zu Diana, Svenja, Andrea und Ellen (denen ich hier mal wirklich "Danke" sagen möchte) gesellt sich nun Stephi, die es quasi "aus dem Stand" zu meinen Favoriten geschafft hat. Sie betreibt ein Blog und einen YouTube-Kanal und sie gibt sich wirklich sehr viel Mühe dabei. Ihre Beiträge sind immer sehr interessant und gut aufbereitet - Danke Stephi.

Deshalb empfehle ich euch einen Besuch ihres YouTube-Kanals unter:

https://www.youtube.com/channel/UCWSeAClFZaw1fOaz3iE2uPA/featured


Ihr Blog ist habe ich frisch in meine Blogroll aufgenommen.

Vielleicht gefallen euch ja ihre Beiträge so gut wie mir.


Der Weg ist das Ziel...

Aber was passiert nach dem Ziel? in vielen Blogs und Videos geht es um die laufende Transition.

Vorgeschichte, Selbsterkenntnis, SHG, Outing, Therapie, OP und der Alltag in dieser Phase werden oft ausführlich beschrieben. Mit der GaOP ist ein Ziel erreicht und damit enden auch oft Blogs und Videokanäle.


Das finde ich schade, weil doch gerade das Leben nach dem Etappenziel GaOP erst anfängt und hoffentlich eine viel längere "Phase" darstellt, als der vergleichsweise kurze Weg der Transition.

Mir ist vollkommen klar, dass das Ziel Normalität und Ruhe ist (auch meines) aber ein "Nach-Trans* Blog" hätte schon seine Reize.


Erfahrungen, Beziehungen, Veränderungen, Gefühle, Alltag, es gäbe soviele Themen. Aber mal sehen, wie ich in 1-2 Jahren darüber denke, oder ob dieses Blog auch mal beendet wird, weil ich an dem Punkt angekommen bin, an dem ich immer sein wollte.


Bis dahin gibt es aber wohl noch einige Posts (der heutige kommt aus Nürnberg-Johannis und wieder kein Starbucks).


Alles Gute.


Birgit

Donnerstag, 8. September 2016

Schritte...

In den letzten Wochen musste ich größtenteils unfreiwillig eine kurze Rast auf meinem Weg einlegen.
Denn auch Ärzte brauchen mal Urlaub und dann verschieben sich einige Dinge eben nach hinten.
Trotzdem kann ich mich nicht beklagen und war auch nicht vollkommen zur Untätigkeit verdammt, weil Logopädie und Alltagstest ja unvermindert weiterlaufen.

Erkenntnisse und Erfolge
Für mich ist es nach über dreißig Jahren Leidensweg nicht so ganz einfach meine neuen Freiheiten zu genießen. Mir schießt da das Bild eines Kettenhundes durch den Kopf, der nach sehr langer Zeit seine Kette loswird und den Zwinger verlassen darf.

"... nun werd' doch mal locker!"
Zum Glück habe ich einige liebe Freundinnen, die mich auf meinem Weg unterstützen.
Dabei haben wir es nicht leicht. Ich bin oft noch verkrampft und ängstlich, weil viele Erlebnisse und Gefühle für mich einfach neu sind und mich regelrecht überfluten. Dann würde ich am liebsten für einen Augenblick die Zeit anhalten, um zu analysieren, zu bewerten und nachzudenken.

Das geht natürlich nicht und so prasseln die ganzen Eindrücke und Informationen wie ein Hagelschauer auf mich nieder und Einzelheiten fallen mir erst Tage später auf bzw. ein.
Es gibt soviel zu lernen, zu begreifen und zu verarbeiten und ich genieße es trotz des hohen Tempos.

Mittlerweile fühle ich, wie ich mich in klitzekleinen Schritten entspanne und langsam öffne. Das ist etwas vollkommen neues für mich und es fühlt sich wunderbar an.
Das hat nichts mit Kleidern, Schuhen und Pronomen zu tun, sondern mit meinem Wesen.
Ich kann mich langsam auf Menschen und Dinge einlassen - ein großer Erfolg für mich.

Anhörung
Diese Woche hatte ich auch meine Anhörung vor dem Nürnberger Amtsgericht und ich war schon Tage vorher furchtbar aufgeregt, weil ich bisher nie ein Gericht von Innen erlebt habe.
Der Richter war aber sehr nett und lobte meine eingereichten Unterlagen.
Nachdem er den Verfahrenswert festgesetzt hatte, bestimmte er noch zwei Gutachter aus meiner näheren Umgebung, so dass ich nicht weit zu fahren brauche.
Nach ca. dreissig Minuten verließ ich dann auch sichtlich entspannter das Gerichtsgebäude und hatte wieder einen Schritt auf meinem Weg getan.

Termine
In den nächsten Wochen folgt ein Termin dem anderen, so dass ich auch wieder mehr zu berichten haben werde.
Bis dahin genieße ich die Zeit mit einem fatalen Abendessen und freue mich schon auf das diesjährige Burggrabenfest, welches ich ganz bestimmt nicht versäumen werde.

Alles wird gut - entspannt euch...

Liebe Grüße

Birgit


Samstag, 20. August 2016

Betriebsurlaub

Alle haben Urlaub...
Als ich die letzten Tage so durch Nürnberg schlenderte, fiel mir auf, dass derzeit wirklich viele Läden komplett geschlossen haben, weil sie Betriebsurlaub machen.
Da ich ja wirklich froh, dass mein Starbucks trotz Sommerhitze geöffnet hat und ich (dank der Klimaanlage) entspannt einen Beitrag schreiben kann.

...fast alle.
Die Nürnberger Justizbehörden sind wirklich fix. Bereits eine Woche, nachdem ich meinen Antrag zur Vornamens-, und Personenstandsänderung abgeschickt hatte, lag bereits die Vorladung zur Anhörung in meinem Briefkasten. Da soll doch mal jemand sagen, die Mühlen der Justiz mahlen langsam (mal sehen, ob sie das Tempo beibehalten).

Panik
Panik! Panik! Paaaanik! Der Termin ist ziemlich bald und ich habe noch nichts tolles anzuziehen.
Ich war schliesslich noch niemals bei? vor? Gericht und will da natürlich schon so gut wie möglich aussehen.
Aber ich finde bestimmt etwas - oder? Paaanik!

Sommerpause
Sonst passiert bei meiner Transition derzeit kaum etwas. Alle Termine sind im September.
Deshalb versuche ich mich zu entspannen wo es geht und genieße mein Leben...

Moment!?
...genieße mein Leben? sowas kann ich doch nicht schreiben! Wo ist denn da der Leidensdruck???
Einfach mal kurz zum Nebentisch gucken - ach, da isser ja wieder - also gar kein Problem - kann man nicht so einfach verlieren.
Aber seit dem Beginn der Therapie und nach meinem Outing geht es mir doch schon bedeutend besser (hmmm... könnte auch an der neuen Handtasche liegen). Spaß beiseite - mir geht es langsam besser und ich fange irgendwie an mein Leben zu genießen - vielleicht etwas spät mit 43, aber besser als nie.
Vor mir liegt zwar noch ein ganzes Stück steiniger Weg, aber ich kann jetzt zumindest den Weg erkennen, den ich gehen kann. Das allein hilft schon viel.

Alles wird irgendwann gut! Deshalb - haltet den Kopf (und die Kaffeetasse) hoch.

Liebe Grüße aus einem Nürnberger Starbucks.

Birgit

Montag, 8. August 2016

Antrag zur Vornamens-, und Personenstandsänderung

Es ist vollbracht...
Nachdem ich die letzten Wochenenden größtenteils damit verbracht habe, an meinen Unterlagen für das Amtsgericht zu arbeiten, habe ich heute den Antrag zur Vornamens-, und Personenstandsänderung an mein zuständiges Amtsgericht abgeschickt.

Der nächste große Schritt
Für mich persönlich ist das ja nach dem ersten Besuch einer Selbsthilfegruppe und nach dem Psychologen der nächste große Schritt.
Ich habe wirklich sehr lange überlegt. Schließlich ist das auch ein endgültiger Schritt. Den Vornamen lassen ja schon nicht viele Menschen ändern - aber den Personenstand, das ist schon etwas Besonderes.
Aber wenn ich meinem Gefühl folge, kann ich einfach nicht anders. Ich will es.

Was alles im Kuvert war
Ich will hier kurz nochmals aufschreiben, was ich alles in den Umschlag gesteckt habe. Ich weiß, das kann man natürlich auch in dem tollen Ratgeber von Liisa beim Trans-Ident e.V. oder in Ellen's Blog nachlesen, aber vielleicht stolpert ja jemand über meinen Post, der beides noch nicht kennt. Dann bekommt er hier die Kurzfassung und die Links für die Detailinfos sind ja auch dabei.


Ich packe also mein Kuvert und ich nehme mit:
  • Anschreiben (Dank Trans-Ident e. V. für Nürnberg ganz einfach)
  • Kopie vom Personalausweis
  • Kopie des dtgi-Ergänzungsausweises
  • eine beglaubigte Ablichtung meiner Geburtsurkunde (vom Standesamt)
  • einen transsexuellen Lebenslauf (der dicke Brocken)
Der dicke Brocken lässt sich mit einigen Fotos noch etwas aufhübschen. Schließlich will ich ja verstanden werden.

Die Sache mit den Gutachtern
Wie wir ja alle wissen, darf man dem Gericht Gutachter vorschlagen. Ich habe zwei gewählt, die ich zwar kenne, bei denen ich aber noch nicht in Behandlung war. Jetzt hoffe ich, dass der Richter meinem Vorschlag folgt (was er nicht muss) und dass mich die Kosten für das Verfahren nicht arm machen.

Warten und Tee... Moment!
Jetzt sitze ich also hier und warte auf liebe Post vom Gericht. Leider ist es bereits nach 21 Uhr und ich schreibe deshalb mal nicht aus einem Starbucks und habe auch weder Kaffee noch Tee.
Aber ich hoffe, der Post gefällt euch trotzdem.

Liebe Grüße

Birgit
(Die bald Brief und Siegel hat) 
 

Mittwoch, 3. August 2016

Vorbereitungen

Es gibt viel zu tun...
auf dem Weg der Transition und es geht dabei ziemlich bürokratisch zu.
Aber das hatte ich erwartet und so stört es mich nicht weiter.

Von Briefen, Befunden und Urkunden
Ärzte und Ämter sind momentan meine Begleiter. Fast vierzig Jahre hatte ich nur wenig Kontakt und nun kommt es mir vor, als würde ich alles in kürzester Zeit nachholen.

Vorbereitung auf die Vornamens-, und Personenstandsänderung
Über das "Warum" schreibe ich hier jetzt mal nicht, weil allein der Zweck des Blogs genug Begründung ist. Irgendwann kommt jede(r) auf diesem Weg an den Punkt, wo es einfach notwendig ist.

Natürlich ist das kein kleiner Verwaltungsakt (und für mich natürlich ein gewaltiger Schritt).
Deshalb war ich auch eben beim Standesamt und habe mir eine beglaubigte Ablichtung meiner Geburtsurkunde abgeholt.
Neben einer Kopien von Personalausweis, Ergänzungsausweis, einem Anschreiben und einem sehr detaillierten TS-Lebenslauf wandert sie mit in das Kuvert an das Gericht in Nürnberg.
Dann gehe ich den nächsten Schritt.

Medizinisches...
Ich bin sehr froh, dass ich soweit gesund bin und jetzt der Termin bei einer Urologin ansteht.
Dann mache ich auch wieder einen kleinen Hüpfer in Richtung Hormonersatztherapie.

Positives...
In den letzten Tagen durfte ich sehr viel Positives erleben, angefangen bei diversen Ärzten und Arzthelferinnen, die es irgendwie immer wieder schaffen, als kleine Hilfe für mich und als Bedingung für andere Ärzte passende Termine aus dem Hut zu zaubern, bis hin zu meinen Kolleginnen und Freunden, die mich mit ihrer Hilfe und Freundlichkeit immer wieder überraschen.
Vom Pechvogel zum Glückspilz in einem so kurzen Zeitraum.

Deshalb...
"Think positive!" auch wenn es manchmal hakt, irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass mir hier in Mittelfranken alle nach Kräften helfen wollen.
Das macht mich glücklich.
Ich muss mich nur erst daran gewöhnen Hilfe zu brauchen und mir helfen zu lassen.

Nun ist mein Kaffee fast genau so leer, wie das morgendliche Starbucks an der Fleischbrücke.

Alles Gute

Birgit

Samstag, 23. Juli 2016

Trans* ist "IN"

Das kommt mir manchmal in den Sinn, wenn ich wieder mal eine Anfrage von Rundfunk und Fernsehen lese, einen Artikel in der Zeitung sehe oder Netflix und Amazon mit neuen Eigenproduktionen aufwarten.

Natürlich hat diese neue Aufmerksamkeit positive wie negative Effekte.
Ich empfinde es als positiv, dass zumindest einige Begriffe bei meinem Gegenüber bereits bekannt sind. Das vereinfacht ein Outing enorm, weil man keine so komplizierte Einleitung mehr braucht.
Auch beim Arzt oder Friseur wird man nicht mehr wie ein Mondkalb betrachtet, sondern professionell und freundlich behandelt.

Als negativen Effekt habe ich den Eindruck, dass viele (nicht Betroffene) das eher als Trend sehen.
Dies bringt uns Betroffene gegenüber Ärzten, Krankenkassen und anderen Mitmenschen in eine Art seltsame "Beweispflicht".

Wann bin ich denn richtig transident?
Als Zutaten werfe man eine möglichst lange Vorgeschichte, eine kräftige Portion Leidensdruck, einen Schuß Papier (Arztbriefe, Gutachten, Lebensläufe usw.) und eine Prise Überzeugungskraft in einen großen Topf, rühre kräftig darin herum und mit etwas Glück (braucht man ja beim Kochen immer) ist der richtig transidente Mensch kreiert.

Was uns dann schnurstracks zur nächsten Frage führt:

Wann bin ich eine richtige Frau?
Am besten kommt es doch an, wenn wir als Betroffene einfach eine ganze Reihe von Klischees aus den Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts aneinanderreihen (die Reihenfolge ist ziemlich egal, hauptsache nichts vergessen):

Lange Haare, Kleider, Röcke, schön bunt, Tücher, Absätze, Stimmlage, kein Alkohol, zurückhaltend, Strumpfhosen, Halsketten, Parfüm, Makeup, BH, Ohrschmuck, Haarentfernung, Kajal, Mascara, schüchtern, nicht rauchen, brav...
Die Liste bitte einfach ruhig weiter ergänzen...

Wer ist wirklich so?
Wenn die Liste für MzF dann auf eine ordentliche Länge angewachsen ist und man sich wirklich wie in einem Schwarzweißfilm vorkommt - dann... einfach mal die Lebensgefährtin angucken oder durch eine Fußgängerzone schlendern!

Das wahre Leben
Da laufen doch tatsächlich Frauen im Sommer mit kurzen Haaren in Hosen (muss man sich mal vorstellen!) und Turnschuhen (neudeutsch: Sneaker) nur mit einem Hauch Lipgloss, Kajal und Mascara (manche lassen auch das weg) mitten am hellichten Tag auf der Straße herum (teilweise rauchen sie auch noch und trinken sogar Bier)!

Spätestens dann wird klar, dass die Frau Modell 2016 nicht mehr so einfach in einen James Bond Film passt, wie Anno 1965.
Aber gerade das wird von vielen Transfrauen erwartet. Strumpfhosen und komplettes Tages-Makeup im Hochsommer bei dreißig Grad im Schatten.

Diagnosen
Sind schwierig - das ist mir auch klar. Aber es ist wirklich kein Spaß transident zu sein und der vielbeschworene Leidensdruck stellt sich nicht mal so eben ein - er ist immer da (mal mehr - mal weniger) und begleitet uns Betroffene durch das ganze Leben und wir wünschen uns das er endlich verschwindet.

Trans* ist nicht "IN" - Trans* ist schmerzhaft.

Alles ist gut
Auch wenn sich dieser Post mit einigen traurigen Aspekten beschäftigt, geht es mir trotzdem gut.
Aber leider ist gerade eine Horde Kinder in das Starbucks eingefallen und der Lärmpegel ist beachtlich angestiegen und meine Kaffeetasse ist auch leer.

Deshalb alles Gute denen die "richtig Trans*" sind und auch allen anderen Menschen ;o)

Birgit 

Dienstag, 19. Juli 2016

Hormonelle Verwirrung

Nach längerer Wartezeit hatte ich meine erste Spezialsprechstunde in der Spezialambulanz für Transsexualität im Universtitäts-Endometriosezentrum Franken (UEF), das zur Universitäts-Frauenklinik in Erlangen gehört.

Nach kurzer Suche (wirklich schlecht beschildert) bin ich doch tatsächlich in der richtigen Abteilung der Klinik gelandet und wurde bereits erwartet (ich kam aber nicht zu spät).
Die Schwestern in der Anmeldung waren sehr freundlich, und bald fand ich mich im Wartebereich auf dem Flur wieder.

Nach kurzer Wartezeit wurde ich zum Gespräch gebeten - und was soll ich sagen? ich habe gestern wieder einige neue Dinge gelernt, welche ich hier kurz aufzähle:

1. Um mit einer HrT beginnen zu können ist ein "Gutachten" eines Urologen notwendig.
2. Ich benötige zuerst das Gerichtsgutachten für die Vornamens-, und Personenstandsänderung zum Beginn der HrT. Die Schreiben meiner beiden behandelnden Ärzte wurden zwar wohlwollend betrachtet, aber sie genügen nicht, weil ich es mir ja noch anders überlegen könnte...

Jetzt darf ich auch noch einen Urologen suchen und den Abschluss des Verfahrens abwarten?
Ich bin ja wirklich ein geduldiger Mensch, aber ich muss sagen, dass es mich schon etwas ärgert. Im Vordergrund steht hier immer die persönliche Absicherung der Ärzte. Noch ein Papier und noch ein Papier und noch ein Papier. Krankenhäuser sind derart bürokratisch, dass sogar Ämter dagegen alt aussehen.

Die Annahme, dass sich alles noch ändern könnte teile ich nicht.
Schließlich bin ich nicht zufällig in Erlangen gelandet und es gibt eine Vorgeschichte.

Leider wundert es mich auch nicht mehr, warum viele Betroffene den gefährlichen Weg der Selbstmedikation aus dem Internet beschreiten - das "Verfahren" ist einfach furchtbar.
Trotzdem rate ich davon vehement ab - die Langzeitfolgen solcher "Experimente" sind nicht absehbar.

Aber: Nicht aufregen, das schöne Wetter genießen (in einem kühlen Biergarten mit viel Kultur) und den eingeschlagenen Weg mit Gleichmut weiterverfolgen.

Alles wird gut!

Birgit

Samstag, 16. Juli 2016

Trans*-Stress? oder - wie ich das Chaos organisiere

Ich hatte ja bereits vor einiger Zeit geschrieben, dass mich meine Transition an eine alte Dampflokomotive erinnert. Es dauert ewig, bis sie sich mal etwas bewegt, dann nimmt sie träge Fahrt auf und wenn sie mal rollt, dann rollt sie.

In den letzten Wochen war es wirklich etwas stressig, Outing bei einer guten Freundin, Psychotherapeut, Psychiater Logopäde und IPL- alles nacheinander. Für mich natürlich sehr positiv, aber neben Trans* gibt es ja auch noch meinen Beruf, soziale Kontakte und die kleinen Tücken des Alltags.

Heute ist wirklich der erste Tag, an dem ich etwas zur Ruhe kommen kann, um etwas zu schreiben und einen Kaffee zu trinken. Weil ich mich eh' gleich mit einer Freundin in der Stadt treffe, habe ich die freie Zeit natürlich auch zum Shoppen genutzt.

Als Star Wars Fan der ersten Generation (seit 1977) musste ich mir einfach das neue Parfum kaufen. Leider gibt es für Frauen nur Dürfte der Allianz (wo ich doch eigentlich eher Imperiale bin). Macht aber nichts - die Macht ist ab morgen mit mir.

Das kann ich auch brauchen, weil ich langsam den Überblick über meine ganzen Unterlagen und Termine verliere. Dann hat mir mein langjähriger Helfer Evernote auch noch angekündigt, dass jetzt nur noch zwei Geräte kostenlos sind. Der Preis und die Server in den USA haben mich doch nun tatsächlich davon überzeugt, zu Microsoft umzuziehen und OneNote 2016 zu benutzen (beruflich nutze ich das seit geraumer Zeit). Office 365 habe ich sowieso und die Server stehen nun bei der Telekom in Biere. Damit ich auch wirklich durchblicke, habe ich mir bei Thalia ein Buch gekauft.


Jetzt noch einige Seiten in meinem Lieblings-Starbucks lesen und ab morgen ist wieder Selbstdisziplin und ein Schönheitstag angesagt, weil ich am Montag nach meinem üblichen Termin beim Psychotherapeuten endlich einen Termin in der Universitäts-Frauenklinik in Erlangen für die Voruntersuchung zur Hormonersatztherapie (HrT) habe.
Natürlich bin ich schon total aufgeregt und weiß überhaupt nicht, was ich bei diesem wechselnden Wetter (und wegen der Untersuchung) anziehen soll.

Dazu muss auch noch mein Trans-Lebenslauf bis Montag zur Durchsicht fertig werden.

Aber - keep calm Biggi. (Mit Lesen wird es wohl nichts, weil meine Freundin schon dauernd schreibt, wo ich denn bleibe).
Also schnell raus aus dem digitalen Leben in das richtige!

Schönes Wochenende und drückt mir für Montag die Daumen, wenn ihr mögt.

Birgit

Samstag, 2. Juli 2016

Logopädie...

In dieser Woche hatte ich einen ersten Termin bei meiner Logopädin.
Ich war ja schon sehr gespannt, was auf mich zukommt und ob es wirklich eine Möglichkeit gibt, die Stimme zu verändern.

Sie hat mich positiv überrascht. Allerdings hätte ich nicht gedacht, dass es so anstrengend wird.
Die an sich eher simpel anmutenden Übungen verlangen meinen untrainierten Stimmbändern doch einiges ab.

Die erste Erkenntnis: Ich weiß jetzt ganz genau, wo meine Stimmbänder sind, weil ich sie jetzt fühle (Aua). Deshalb vorsichtig sein und nicht übertreiben.

Bad Voice Days
Es gibt sie - die "bad hair days". Das weiß jede Frau.
Aber nun weiß ich, dass es auch bad voice days gibt. Ich mache also täglich meine Übungen und meist geht es ganz gut und ich krächze nicht wie eine Krähe.
Zwischendurch gibt es aber Tage, da macht man vermeintlich alles richtig und trotzdem kommt nur ein Gekrächze raus. Kann schon mal vorkommen. Einfach drüberstehen und weiterüben.

Stress...
In der nächsten Woche habe ich eine ganze Menge Termine abzuarbeiten. Trans* kann schon stressig sein.

Deshalb trinke ich erstmal in Ruhe einen schönen, schwarzen Kaffee in einem meiner Lieblingscafes in der Innenstadt. Wegen dem Regen verzichte ich heute lieber auf das Südstadtfest und schalte vielleicht sogar mal den Fernseher ein, um unserer Mannschaft die Daumen zu drücken, obwohl ich wirklich kein Fan bin.

Aber vielleicht hilft es ja...

Grüße aus dem Cafe in dem die Pflanzen besser wachsen.

Birgit

Dienstag, 28. Juni 2016

Eine neue Tasche und neue Erfahrungen

Öfter mal was Neues...
Ich kaufe ja bekanntlich gerne ein. Am liebsten "in der Stadt".
Ich liebe es durch die Altstadt zu schlendern, in die Schaufenster zu gucken und nach erfolgreicher Shopping-Tour irgendwo einzukehren und einen Kaffee zu trinken oder eine Kleinigkeit zu essen.

Das kann Online-Shopping leider nicht bieten.
Leider ist es aber manchmal so, dass ich das Objekt meiner Begierde einfach nicht finden kann.
Schuhe, Schmuck und Taschen haben es mir ja besonders angetan.
Aber: Ich muss das Teil sehen und lieben - wenn dann auch noch der Preis passt, dann kaufe ich es (ich hasse es übrigens nach dem Preis zu fragen, weil kein Preisschild dran ist).

Weil in meiner Transition jetzt neben dem psychischen Teil auch langsam der physische beginnt, brauche ich auch langsam neben neuen Outfits auch einige Accessoires. Beim Trip von Arzt, Logopädin über Kosmetikern zum Friseur brauche ich eine neue, geräumige Tasche, in der auch mal einige (wichtige) Unterlagen knitterfrei transportiert werden können.

Vor einiger Zeit habe ich mir eine faltbare Tote-Bag gekauft. Sie ist praktisch, aber auch labberig. Von der Form war ich aber überzeugt. Deshalb wollte ich etwas ähnliches in einer besseren Qualität und in einem besseren Material (Leder).

Aber leider hat mich auf meiner langen Tour durch die Innenstadt keine Tasche "angelacht".
Also ab zu Amazon. Nach kurzer Zeit hatte ich meine neue Tasche gefunden, obwohl ich danach noch mindestens zweihundert andere angesehen habe, blieb ich doch bei dem Modell.

Outing hat Vorteile...
Weil ich im Büro schon geoutet bin, kann ich jetzt auch über meine Handtaschen-Probleme sprechen.
Zum Glück konnten meine drei Kolleginnen und ich das Problem der Farbwahl gemeinsam im Team lösen und die drei waren sich einig, dass Schwarz einfach am edelsten aussieht.
Vorher gaben sie mir natürlich noch Tipps, ob die Tasche auch alltagstauglich ist. Ist doch toll, wenn einem geholfen wird, falls einem noch die Erfahrung fehlt.

Da ist nun mein schwarzer Damen-Shopper, den ich auch als Schultertasche tragen kann.

Outing dauert...
Wenn ich dieses Starbucks (nicht mein Lieblings-Starbucks) verlasse, folgt eines meiner letzten Outings im privaten Umfeld. Den Freund und Kollegen kenne ich nun seit 25 Jahren und ich bin dementsprechend aufgeregt. Egal wie oft, aber bei den Menschen, die einem sehr wichtig sind ist es immer wieder ein schwieriger Moment. Hoffentlich geht alles gut.

Outing ist spannend...
...weil ich mich nicht mehr verstecken muss und es für mich und für meine Freunde ein komplett neues Erlebnis ist miteinander zu sprechen und wegzugehen. Richtig leben in der neuen Rolle kann man in der Wohnung oder beim einem Abend bei einer Selbsthilfegruppe nicht erleben.
Die Interaktion mit Menschen und das Einfinden in einem sozialen Gefüge sind komplett neu. Zum Glück habe ich gute Freunde und wir durchleben diesen Prozess gemeinsam, finden und erfinden uns neu.

Gesundheitsmarkt
Der Verein Trans-Ident e.V war am letzten Samstag mit einem Stand am Gesundheitsmarkt in Nürnberg vertreten. Eine gute Freundin hat die Gelegenheit genutzt, neue Menschen kennenzulernen und Fragen zu stellen. Für sie war es eine neue Erfahrung und sie war sehr angetan.
Das Glücksrad mit den vielen Fragen zur Transidentität hat mir sehr gut gefallen - eine gute Idee!

Die Stimme...
... kann der Feind einer Transfrau sein. Damit sie das nicht bleibt, habe ich Logopädie verschrieben bekommen. Morgen habe ich meinen ersten Termin und ich bin schon sehr gespannt, ob sich aus meiner Männerstimme etwas machen lässt. Über meine Erfahrungen blogge ich natürlich.

Danke
Manche Dinge müssen einfach mal raus.
In den letzten Monaten habe ich soviel Verständnis und Hilfe von so vielen Menschen erhalten, dass ich mich auch hier mal einfach dafür bedanken möchte.
Danke, dass es euch gibt.

Birgit

Dienstag, 14. Juni 2016

Urlaub

Der Grund, warum ich in letzter Zeit nicht gebloggt habe, ist sehr einfach: Ich hatte Urlaub und war im Ausland auf einer Rundreise.
Weil ich die Vornamens-, und Personenstandsänderung ja noch vor mir habe, war ich noch als MR und noch nicht als MRS mit meiner Reisegruppe unterwegs.
Das war auch wirklich der einzige negative Aspekt dieser Urlaubsreise - sonst war sie wirklich sehr interessant und voller schöner Momente.
Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir natürlich die Besichtigung eines Frauenklosters, bei der ich eine Nonne erst nach mehrminütiger Diskussion davon überzeugen konnte, die Besichtigung ohne den für Frauen obligatorischen Rock zu machen, weil ich mich vor der Gruppe nicht zwangsouten wollte.
Den Rock hätte ich wirklich gerne angezogen - bei der nächsten derartigen Besichtigung mit Freuden.

Nach dem Urlaub warten nun auch viele Termine auf mich, welche ich absichtlich auf die kommenden Wochen verschoben habe.
Da gibt es noch so viel zu regeln und zu tun, dass ich nun fast ein wenig den Überblick verliere. Mir kommt die Transition manchmal wie eine alte Dampflok vor - anfangs träge und schwerfällig, nimmt sie langsam immer mehr Fahrt auf. Das Tempo kann ich ein wenig mitbestimmen.

Endokrinologe, Logopäde und Hautarzt sind meine nächsten Stationen. Bei jeder Station braucht es einen Termin und ggf. Vorbereitung und Unterlagen.

Angst habe ich eigentlich nur vor der Nadelepilation, auch nach mittlerweile 38 IPL-Sitzungen (die auch nicht angenehm sind) denke ich, dass diese Art der Epilation sehr schmerzhaft ist. Aber ich komme nicht darum herum.

Nebenbei steht ja auch noch das Outing vor dem Chef und der Belegschaft an.
Einige Kollegen und Kolleginnen wissen ja schon Bescheid, aber der Großteil weiß leider noch nichts.
Mit mehr als hundert Personen lässt sich eben nur recht schwer ein persönliches Gespräch führen.
Aber zumindest ist das Outing bei Freunden und Bekannten fast abgeschlossen.

Vor mir liegen also noch ein paar stressige, anstrengende aber auch interessante Wochen.
Vielleicht begleitet ihr mich ja ein Stück hier in meinem Blog und drückt mir ab und zu die Daumen?

Bis bald.

Birgit

Samstag, 21. Mai 2016

Mein Ergänzungsausweis

Ein Ausweis für den Ausweis.
Einige Wochen nach meinem Antrag habe ich nun diese Woche meinen Ergänzungsausweis der Deutschen Gesellschaft für Transsexualität und Intersexualität e. V. (kurz dgti - http://www.dgti.org) erhalten.

Ich habe diesen Ausweis beantragt, um Problemen vorzubeugen, falls mein Aussehen nicht zu meinen Ausweisdokumenten passt. Das kann schon mal passieren - am liebsten bei Ämtern und Banken.

Obwohl ich ja noch nicht "Vollzeit" gehe, weil noch einige Outings ausstehen, wird mir der Ausweis bis zur Vornamens-, und Personenstandsänderung bestimmt gute Dienste leisten.

Eine Prise mehr Normalität für den Alltag.
Ich finde es gut, dass die Möglichkeit besteht, einen solchen Ausweis zu erhalten.
Manche benötigen ihn nicht, aber mir gibt er irgendwie ein kleines Stück mehr Sicherheit beim Umgang mit anderen Menschen und damit auch ein klitzekleines bisschen mehr Selbstvertrauen - und davon kann man ja als Transfrau nicht genug haben oder?

So, heute mal etwas kürzer und auch nicht aus einem Starbucks.
Ich wollte aber unbedingt schreiben, dass der Ausweis da ist - jetzt raus in die Sonne.

LG

Birgit

Montag, 16. Mai 2016

Obama versüßt mir Pfingsten

Machtwort
Obama ist wohl der erste amerikanische Präsident, bei dem nicht nur seine Politik, sondern auch meine Meinung gespalten ist. "Yes, we can!" ist bestimmt noch einigen im Gedächtnis geblieben.
Auch wenn er in seiner Politik starke Abstriche machen musste und bestimmt viele seiner damaligen Wähler enttäuscht sind, weil die Ergebnisse hinter den Wahlversprechen zurückblieben, so ist er auch gegen Ende seiner Wahlperiode noch sehr aktiv.

Auf einem amerikanischen Videoportal, durfte ich in den letzten Tagen eine Nachrichtensendung verfolgen, in der sich einige US-Bürger aufregten, weil sich der Präsident direkt in die Restroom-Debatte der amerikanischen Schulen eingeschaltet hat.

Das Ganze erinnerte sowieso an ein Kasperltheater, welches mit zunehmender Dauer immer seltsamere Blüten trieb. Da "streikte" ein gesamter Campus, um die Benutzung der Damentoilette durch eine Transfrau zu verhindern.

Obama sprach also sein Machtwort und erdete die ganze unsinnige Debatte mit der Anweisung, das Trans* Menschen die sanitären Einrichtung des Geschlechts benutzen dürfen, dem sie sich zugehörig fühlen. Andernfalls würden der betroffenen schulischen Einrichtung die Mittel gekürzt.

Deutschland im Genderwahn?
Das ist schon ein ganz schöner Schritt und ich kann mir vorstellen, dass die Debatte hier in Deutschland ähnlich verlaufen könnte. Schließlich taucht in einigen Medien und in den Debatten einiger Parteien der Begriff "Genderwahn" auf.

Dieser Begriff umschreibt wohl den Zustand, dass heutzutage jeder wie er will das Geschlecht immer wieder wechseln kann oder sich überhaupt nicht mehr festlegen muss. Ganz nach Lust und Laune, weil es eben gerade "in" ist.

So schwarzweiss und simpel ist das ganze Thema ja dann doch nicht.
Vielleicht sind einfach viele Bürger noch nicht genug informiert, oder sie beinruhigt die Tatsache, dass sich auf dem Gebiet in den letzten Jahren viel getan hat und ihr Weltbild durcheinandergerüttelt wird?
Vielleicht ist das Thema aber auch omnipräsent und sie sind einfach nur überinformiert und genervt? auch das scheint möglich.

Ich für meinen Teil möchte einfach nur in Ruhe leben. Ich versuche bei Fragen gerne zu erklären und weiterzuhelfen, missioniere aber nicht. Lobbyismus und Politik überlasse ich ebenfalls denen, die es besser können, sei es weil sie mehr Erfahrung oder die besseren Kontakte haben. Dankbar bin ich ihnen aber in jedem Fall.

Angst-Outing
Letzte Woche habe ich mich endlich bei meinem besten Freund geoutet. Zuerst hatte ich solche Angst um unsere Freundschaft, dass ich es verschoben habe, dann kamen einige unerfreuliche Ereignisse dazwischen. Was soll ich sagen? es ist geschafft und wir sind immer noch Freunde.
Ich kann wirklich froh sein, dass ich in meinem Leben so gute Freunde gefunden habe.

Jetzt fehlen nur noch ganz wenige Menschen aus meinem privaten Umfeld, dann ist es geschafft und ich kann mich auf das berufliche Umfeld konzentrieren. Das wird nochmal ein großer Brocken. Aber ich habe nicht mehr soviel Angst, weil meine Freunde hinter mir stehen.

Endokrinologie
Weil es in Nürnberg (wie im letzten Posting beschrieben) doch etwas kompliziert war, habe ich jetzt tatsächlich einen Termin in der Trans* Ambulanz der Frauenklinik Erlangen gemacht, um nach der psychischen Seite auch die physische Seite abklären zu lassen.
Ich hoffe, dass der Besuch erfolgreicher verläuft als der in Nürnberg und dass ich mit dortiger Unterstützung auf den Start der Hormonersatztherapie hinarbeiten kann.
Das ist wirklich wichtig für mich.

Leider ist etwas anderes Wichtiges zu Ende - mein Kaffee.
Deshalb viele liebe Grüße aus einem Nürnberger Starbucks.
Bis zum nächsten Blogeintrag.

Birgit


Samstag, 30. April 2016

Der Endlos-Endokrinologe, meine No-Guitar-Week und erstes Outing in der Firma

Das Trans*-Bermuda-Dreieck
Bisher hatte ich ja bei der Auswahl meiner Unterstützer auf meinem Weg und mit den Terminen immer sehr viel Glück. Egal ob Hausärztin, Psychiater oder Psychologe, alle hatten ziemlich zeitnah einen Termin und komme auch sehr gut mit ihnen aus.

Beim Endokrinologen ist aber irgendwie der Wurm drin.
In einer Praxis bekam ich zwar sehr schnell einen Termin, jedoch stimmte die Chemie leider irgendwie nicht.
Deshalb bin ich jetzt wohl auch zum ersten Mal im Trans*-Bermuda-Dreieck gelandet (kenne keinen <> will nicht <> kann nicht).
Es kann doch nicht so schwer sein, einen Endokrinologen zu finden, der sich mit Transidentität befasst oder zumindest schon mal was davon gehört hat?
Da ist es ja kein Wunder, dass viele ihr Heil in der Selbstmedikation aus dem Internet suchen (ich lehne das aber ab, weil es wohl wirklich eine gefährliche Sache ist).
Aber zur Not muss ich halt nach Erlangen in die Trans-Ambulanz.

Meine No-Guitar-Week
Meine Nägel begeistern mich immer noch, obwohl ich sie diese Woche tatsächlich etwas kürzen lassen musste, weil ich sonst beim besten Willen nicht mehr Gitarre spielen konnte.
Nach einer No-Guitar-Week habe ich also bei einer der guten Feen von Tommy Nails vorbeigeschaut und meine Nägel etwas kürzen lassen (mein Herz hat geblutet).
Aber zum Glück sehen sie auch kürzer immer noch sehr ansehnlich aus und ich kann gar nicht verstehen, warum ich mich so lange selbst damit herumgequält habe.


Nach einer sehr anstrengenden Woche gönne ich mir einen tollen Milchkaffee in einem meiner Lieblings-Cafe's in Nürnberg.
Den Ring hat mir übrigens eine liebe Kollegin und Freundin aus Freude darüber geschenkt, dass sie eine neue Freundin gewonnen hat. Das hat mich sehr gerührt - es war eine komplett neue Erfahrung und ich werde diesen Tag niemals vergessen.

Outing in der Firma
Seit 2012 schreibe ich hier mehr oder weniger regelmässig meine Gedanken und Erlebnisse während meiner Transition nieder. Dabei war mir immer klar, wohin ich möchte, aber auf dem Weg gibt es einige Kreuzungen, bei denen wacklige Brücken oder 6-spurige Autobahnen überquert werden müssen, um weitergehen zu können.

Eine dieser Autobahnen ist das Outing am Arbeitsplatz. Ich persönlich hatte Angst davor und war dementsprechend aufgeregt. Nachdem ich mich ja schon vor einigen Wochen bei einer lieben Kollegin geoutet habe und wir uns sehr gut verstehen, habe ich diese Woche meinen Betriebsrat informiert, mit dem ich auch schon über zehn Jahre zusammenarbeite.

Dazu hatte ich einen offiziellen Termin vereinbart und Flyer vom Trans-Ident e.V. und einen Trans*-Flyer speziell für Betriebs-, und Personalräte im Gepäck. Das Gespräch verlief sehr gut und er war überrascht aber auch interessiert. Das Thema war ihm nicht fremd, aber er hatte bisher keinen transidenten Menschen persönlich kennengelernt.
Deshalb versprach er mir, dass er sich mit dem Diversity-Beauftragten des Unternehmens in Verbindung setzen wird, um mehr Informationen und vielleicht auch einige Erfahrungen zu dem Thema direkt aus dem doch sehr großen Konzern zu bekommen.
Das Thema Trans* soll auch innerhalb unseres Betriebsratsgremiums einmal zur Sprache kommen, um Wissen zu teilen und zu gewinnen.

Für mich bedeutet das, dass ich mich wenn mir der Zeitpunkt passend erscheint, bei meinen Chefs und der Belegschaft mit der Unterstützung des Betriebsrats outen kann.
Obwohl der psychische Stress für mich vor einem Outing jedes Mal enorm ist, führt kein Weg daran vorbei und ich bin froh, dass wieder ein Mosaiksteinchen an seinem Platz ist.

Eure Birgit

Samstag, 23. April 2016

Nageltraum

Traumnägel...
wollte ich schon mein Leben lang haben, nachdem ich von Natur aus nicht mit der schönsten Nagelform gesegnet bin und meine Fingernägel zudem ständig abbrechen.

Nach jahrelangem Pflegen, Feilen, Lackieren und Überlackieren, hatte ich diese Woche spontan keine Lust mehr. Zwei Tage später sahen meine Nägel trotzdem nicht mehr schön aus. Mein Bad ähnelte immer mehr einem Nagelstudio und das alles war nicht gerade billig.

Perfection made in Asia
Also bin ich heute einfach mal in ein Nagelstudio in der Innenstadt gegangen, hab mich beraten lassen und mich danach für kurze Nägel (wegen der Gitarre) in einem dezenten French-Design entschieden.
Ich hab ich etwas gewundert, dass alle Mitarbeiterinnen in dem Studio asiatischer Abstammung waren, aber sie waren alle sehr zuvorkommend und nett.

Vorallem war meine Nagelfee aber Perfektionistin!
Ich war ja schon kurz vor Ende der Behandlung vollkommen hingerissen, aber ihr war die Lackierung noch nicht perfekt genug und sie arbeitete an drei Fingern nochmal nach.
Den Preis fand ich auch vollkommen in Ordnung und so bedankte ich mich zahlte und ging auf Shopping-Tour.

Tarnen & Täuschen
Obwohl mir die Visagistin schon vor einigen Wochen gesagt hatte, dass im Namen der Schönheit bei Frauen alle Tricks erlaubt sind, verwundert es mich doch immer wieder, wie aufwändig und perfekt alles ist.

Berühren verboten
Ich weiß nicht, wie es da anderen transidenten Menschen da geht, aber ich lasse mich nicht gerne von anderen Menschen anfassen. Das war schon immer so und hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass ich meinen Männerkörper nicht mag.
Als Mann gibt es außer beim Friseur oder Arzt auch keinen Grund für Berührungen.

Ich musste aber feststellen (und habe dazugelernt), dass es bei Frauen vollkommen normal ist berührt zu werden. Ich habe das mittlerweile aktzeptiert und versuche es mittlerweile zu genießen, wenn ich mich stylen lasse.

Es gibt doch immer wieder noch schöne Dinge zu entdecken.
Das gibt mir Lebensfreude und zeigt mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin.

Eure

Birgit

Montag, 11. April 2016

Trans-Ident: Leben mit gebremstem Schaum?

Vor einigen Monaten habe ich mir während eines Treffens des Trans-Ident e.V. in Nürnberg einen Vortrag von Dr. Helgard Hefner angehört.
Während dieses Vortrages erwähnte sie, dass das Leben eines trans-identen Menschen vor dem Outing bzw. während der Transition einem "Leben mit gebremstem Schaum" entspricht. Über diese Aussage habe ich mir so meine Gedanken gemacht und ich kann eigentlich nur zustimmen, weil es in meinem Leben deutliche Parallelen gab und immer noch gibt.

Ich hab hier mal aufgeschrieben, welche Dinge mir spontan einfallen, bei denen eine Transfrau (Transmännern geht es evtl. genauso - aber ich betrachte die weibliche Seite) Abstriche machen muss:

- eigene Kinder
- Parter(in) & Familie (bis zum Outing kann man nicht ganz ehrlich sein).
- Strandurlaub (dabei war ich immer so gerne am Meer...)
- Sport und Freibad im Sommer (sieht während der Transition evtl. merkwürdig aus).
- körperliche Nähe (mochte ich nie besonders, weil ich meinen Männerkörper innig hasse).
- luftige Klamotten

Einige Dinge werden bestimmt mit der Zeit einfacher/unkomplizierter und vielleicht ist mir ja auch nicht alles eingefallen. Aber ich muss sagen, bei einigen Dingen empfinde ich mich als Transfrau einfach eingeschränkt bzw. kann ich sie einfach nicht mehr so wie früher machen.

Das ist oft nicht lustig. Trotzdem gehe ich diesen Weg immer weiter, weil ich fühle, dass es für mich der einzig richtige ist. Ich kann aber mit Fug und Recht behaupten, dass die Transition an sich kein Spaß ist und ich noch niemanden getroffen habe, der das ganze Paket aus Spaß oder einer Laune heraus auf sich nimmt.

Egal wie abgebrüht, ruhig oder lustig wir daherkommen - dahinter steckt immer ein enormer Leidensdruck.
Wegen diesem Leidensdruck lassen wir uns belächeln, mit Laserstrahlen beschießen, mit elektrischen Nadeln pieksen, machen mehr als einen Seelen-Strip, setzen Freundschaften, Beziehungen, den Arbeitsplatz und mit Hormonen und GaOP unsere Gesundheit aufs Spiel.

Alles, damit wir nicht mehr mit gebremstem Schaum Leben müssen...

LG
Birgit


Samstag, 2. April 2016

Schminken? wie geht'n das?

Wohlbefinden und Passing...
... sind für transidente Menschen ein elementarer Bestandteil ihres Alltags.
Ich bin ja gerade in der Phase des Outings und da gehört natürlich auch der Alltagstest dazu.
Im Alltagstest soll man sich ja selbst ausprobieren und für sich selbst herausfinden, ob die angestrebte Geschlechterrolle wirklich zu einem passt und ob man sie künftig für immer rund um die Uhr leben kann.
Bei mir ist es so, dass ich ich mich einfach nicht wohl fühle, wenn ich mir selbst nicht gefalle und nicht das Gefühl habe einigermaßen passabel auszusehen.

Einzel-Schminkkurs bei Karin Sippel von Special-Trade
Deshalb hatte ich mir für diese Woche einen Grundlagen-Schminkkurs bei der lieben Visagistin Karin von Special-Trade in Schwaig bei Nürnberg gebucht.
Nach einer kurzen Fahrt mit der S1 und einem kleinen Spaziergang durch Schwaig, konnte das in mehrere Punkte gegliederte Programm starten.

Karin und ich schminkten uns bei den einzelnen Schritten selbst gleichzeitig, und neben grundsätzlichen Erklärungen, Tipps & Tricks und Empfehlungen blieb immer noch genug Zeit für Fragen übrig.

Nachdem wir von der Feuchtigkeitscreme bis zur Wimperntusche alle Punkte durchlaufen hatten, war ich vom Ergebnis wirklich vollkommen begeistert. Dabei war das wirklich eine Daily-Routine und hat (ohne Erklärungen und Fragen meinerseits) gar nicht so lange gedauert.

Danach noch kurz ein Foto für meinen zukünftigen dgti-Ausweis gemacht, noch ein bischen geplaudert und dann wieder mit der S-Bahn zurück nach Nürnberg.

Braucht man wirklich einen Kurs der Geld kostet, oder reicht auch YouTube?
Ich finde, das muss jede für sich entscheiden.

Ich kann nur sagen, obwohl ich mit Farbwahl, Auswahl der Kosmetika usw. gar nicht so falsch lag, habe ich doch eine Unmenge kleiner und großer Dinge gelernt, die YouTube nicht bietet.
Karin geht auf Fragen ein und gibt einem das gute Gefühl, dass mit ein bisschen Übung fast alles möglich ist. Das soll YouTube mal nachmachen...

Ich brauchte das - ich wollte sehen, was möglich ist und ob ich zukünftig als normale Frau durch die Welt gehen kann. Ich kann nur sagen, dass ich gesehen und gespürt habe, dass es für mich möglich ist.

Allein diese innere Erkenntnis war mir das Geld für den Kurs mehr als wert.
Allen in einer ähnlichen Situation kann ich diesen Kurs nur empfehlen.

Ich denke, ich war nicht zum letzten Mal in Schwaig.

Die Sonne scheint - Kopf hoch.

Birgit

Sonntag, 27. März 2016

Ostermarkt

Nürnberger Ostermarkt
Jedes Jahr wird auf dem Nürnberger Hauptmarkt eine Vielzahl von Buden aufgestellt, in denen Händler Dinge des täglichen Bedarfs, Schmuck oder einfach nur Krimskrams anbieten.
Obwohl das Wetter heute nicht so schön ist, hab ich mich doch aufgehübscht und bin mit der U-Bahn in die Stadt gefahren, um über den Hauptmarkt zu schlendern.

Ich wollte heute einfach nicht daheim rumsitzen, sondern raus und am Leben teilhaben.
Die Osterfeiertage passen mir ja wirklich gut in den Kram, um einfach mal eine zeitlang am Stück als Frau zu leben. So eine Art von Alltagstest im teilgeouteten Zustand sozusagen.
Da rächt es sich wieder, dass ich das letzte Outing verschoben habe... Jetzt bin ich allein unterwegs, weil ich mich nicht wieder als Mann verkleiden will.
Aber an dem besagten Tag war weder die richtige Stimmung, noch der richtige Zeitpunkt.

Taschentick
Wieder zurück zum Ostermarkt.
Die Stände sind wirklich sehr interessant und ich war wirklich froh, dass ich ich extra wenig Bargeld eingesteckt hatte, um nicht glich wieder in einen Kaufrausch zu verfallen.
Die Stände mit den Lederwaren konnte ich kaum wieder verlassen, weil sie sooo tolle Handtaschen hatten. Ich habe auf Anhieb eine braune, eine grüne und eine schwarze Tasche gefunden.
Vielleicht ist der Markt ja auch am Ostermontag noch geöffnet - dann nehme ich mehr Geld mit :o)

Wo ist dieses Ostern?
Neben all dem österlichen Kommerz waren die Kirchen doch ziemlich still.
Auch an den Ständen wirkte es irgendwie mehr wie ein Wochenmarkt als ein Ostermarkt.
Das finde ich nun schon doch etwas schade, weil ich zwar gern shoppe, aber auch Christin bin und mir Ostern deshalb nicht vollkommen egal ist.

Nach Ostern, muss ich wieder in meine andere Rolle zurückwechseln.
Ich vermute, genau so fühlt sich ein Strafgefangener nach dem Freigang, wenn er wieder in die JVA zurückkehren muss.

Aber ich bin optimistisch, dass diese Zeit auch vorübergehen wird.
Alles wird gut.

Frohe Ostern und alles Liebe.

Birgit


Montag, 21. März 2016

Früher war mehr St. Patricks

Früher war nicht alles besser...
Aber es war für mich natürlich schon anders als heute.
Gerade wenn ich sagen würde, dass es besser war, würde ich mich ja glatt selbst belügen.

Vor einigen Tagen wurde ja in Nürnberg wieder einmal grün und heftig der jährliche St. Patricks Day gefeiert. Seit über 15 Jahren war ich an diesem Tag mit meinen Freunden im Finnegans Harp zu finden und wir haben uns wirklich Mühe gegeben, um genug Guinness für den jährlichen Hut zu trinken.
Zusammen mit der Live-Musik von Tony Barkham hatten wir wirklich einige schöne Stunden.

Mein St. Patricks Day 2016 sah dagegen vollkommen anders aus.
Das lag an vielen kleinen Dingen, die sich in den vergangenen Jahren schleichend geändert haben.

Zuerst gibt es momentan in Nürnberg fast schon zuviele Pubs. Während Guinness vor 10 Jahren schwer zu finden und auch der Besuch in einem Pub ein besonderes Flair hatte, ist es nun fast täglich an jeder Ecke verfügbar.

Es ergibt auch keinen Sinn, wenn Traditionen in einer Clique immer nur von Wenigen aufrechterhalten werden und die Organisation immer an den gleichen hängen bleibt. Das macht mir zwar nichts aus, trägt aber doch ein klein wenig zum Einschlafen solcher Aktionen ein.

Zuletzt sind da natürlich noch meine Veränderungen in den letzten Jahren.
Verglichen mit früher geht es mir trotz aller Schicksalsschläge mittlerweile psychisch deutlich besser, weil ich Licht am Ende des Tunnels sehe, darüber sprechen und es mehr und mehr leben kann.
Ich fühle, dass ich meinen Weg gefunden habe, um mit etwas Zuversicht in die Zukunft blicken zu können.

Wie soll ich es anders ausdrücken? ohne Druck und ohne unüberwindbar scheinende Probleme hat man(n) weniger Durst. Ich geniesse mittlerweile andere Dinge und freue mich über mein Leben.

2016 war ich auch im Finnegans Harp. Ich hab ein Guinness auf Irland, auf die Iren, auf meine Freunde und die schöne, vergangene Ära meiner St. Patricks-Feiern getrunken.
Das wars... und es war auch schön - aber anders.

PS:
Sollte von euch jemand in der nächsten Zeit in die Nähe eines Pint Guinness kommen - Slainte!

LG

Birgit