Samstag, 29. Oktober 2016

Transident - Wie sag ich's meinem Chef?

So ein Outing kann sich ja wirklich in die Länge ziehen - fast ein Jahr muss ich mich immer wieder mal damit beschäftigen.

Dabei habe ich nicht nur herausgefunden, dass es oft einfacher als gedacht ist, sondern, dass das Timing eine große Rolle spielt. Eine durchdachte Reihenfolge, keine Hast, ein passender Ort und der "richtige Moment" können vieles leichter machen.
 
Nach Ärzten, Firmen, Freunden, Bekannten, Betriebsrat und einigen Kollegen sollte vor der Vornamens-, und Personenstandsänderung natürlich auch der direkte Vorgesetzte informiert werden, weil sich danach ja doch auch am Arbeitsplatz organisatorisch einiges ändert.

Bei meinem Outing beim Chef habe ich mich an dem "Ratgeber Transidentität" des Trans-Ident e. V. orientiert.
Ich arbeite mit meinem direkten Chef nun schon über zehn Jahre zusammen und wir pflegen einen offenen und respektvollen Umgang - man kann sagen, wir haben ein gutes Verhältnis und können offen reden. Das ist viel wert.

Wie im Ratgeber beschrieben, habe ich einen Termin vereinbart und gesagt, dass es um etwas wichtiges Privates geht. Im Gepäck hatte ich einige Flyer (Trans-Ident e. V. und Trans* in Arbeit).
Betriebsrat und Begleitung sollten (falls notwendig) später hinzugezogen werden - ein Vier-Augen-Gespräch ist besser und schafft keine unnötigen "Fronten".

Im Unterschied zu den privaten Outings sollte der Schwerpunkt aber weniger auf Gefühlen und Befindlichkeiten liegen, sondern was die Transition für das berufliche Umfeld und die Aufgaben konkret bedeutet.

Chefs müssen steuern und organisieren können. Es hilft, wenn man ihnen Wege aufzeigt und mitteilt, dass man als Frau genau so gute Arbeit leisten wird und das man sich einige Gedanken zum Outing vor der Belegschaft gemacht hat, zu Aussehen und Kleidung, Regelungen (Namensänderung, Toilette, Ansprechpartner usw.).
Das vermittelt dem Chef, dass die Transition schon organisiert ist, bzw. durch seine Hilfe organisiert werden kann und der Betrieb nicht beeinträchtigt wird.

Mein Chef war sehr nett und hat es erstaunt aber interessiert aufgenommen.
Er stand auf, reichte mir die Hand, bedankte sich für mein Vertrauen, beglückwünschte mich zu meiner Entscheidung und sicherte mir seine Unterstützung zu.
Am nächsten Tag hatte er die Flyer studiert und stellte mir noch einige Verständnisfragen.

Ich finde, besser kann es nicht laufen und als Führungskraft kann man es auch nicht besser machen.
Ich weiß schon, warum ich so gerne in diesem Team und in diesem Unternehmen arbeite.

Nun warte ich auf den Abschluß meiner Vornamens-, und Personenstandsänderung. Denn danach haben wir das Outing vor dem kompletten Team und dem Rest der Belegschaft vereinbart.
Timing ist ja auch hier wichtig - zu früh ist blöd und zu spät ist auch nicht gut.

Wieder ein Mosaiksteinchen an seinen Platz gerückt - und wieder einen Kaffee in einem meiner Nürnberger Lieblingscafés getrunken - wieder ein neuer Post.

Alles wird gut.

Birgit

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