Sonntag, 18. November 2012

Trans-Frau und Selbstmord

Selbstmord - warum?
Es ist unbestritten, das wir Transsexuellen häufig und ganz außergewöhnlichen psychischen und psychomentalen Belastungen ausgesetzt sind.

Trotz immer neuen Gesetzesentwürfen, Selbsthilfegruppen, Diversity-Vorhaben in den Unternehmen, Berichten in den Medien und vielen anderen Dingen, werden gerade Trans-Frauen immer noch Beschimpft, erniedrigt, teilweise sogar geschlagen - auch hier in Deutschland.

Dazu kommt noch die allgemeine Ablehnung, durch Personen des näheren sozialen Umfelds, der Familie, Kollegen, Freunde und Lebenspartnern oder Ehepartner.
Auch Jobverlust und der daraus evtl. resultierende soziale Abstieg können uns fertigmachen.
Wenn ich auf der Straße Bio-Frauen beobachte, gibt mir das jedesmal einen Stich.

Aber - warum gehen wir diesen Weg? wir hätten doch alles so lassen können wie es war - oder nicht?

Ich bin ja noch am Anfang meines Weges, dennoch habe ich mir davor viele Jahre lang Gedanken gemacht. Viele meiner heutigen Ansichten werden sich in den nächsten Jahren noch ändern bzw. werden sich ändern müssen, weil nach meinem Outing und im Alltagstest und auch in der Zeit danach Dinge auf mich einwirken werden, die mich vielleicht auch in die Knie zwingen.

Aber ich habe in der langen Zeit einen festen Grundgedanken gefasst:
Wenn ich mich schon oute, alles auf mich nehme, mein ganzes bisheriges Dasein auf den Kopf stelle, meine Eltern belaste...

... dann bringe ich mich niemals um.

Selbstmord ist nichts anderes als das vollständige Aufgeben, die bedingungslose Kapitulation, das Ende. Die Chance auf ein glückliches Leben im richtigen Geschlecht ist dann ein für alle mal vertan.

Es muss immer einen Weg geben - irgendeinen besseren als diesen.

Ein verlorenes Wochenende
Wunderbar! Die Erkältung hat mich wieder voll im Griff. Nach einer Nacht mit Schüttelfrost fühle ich mich dementsprechend.
Mit der Wohnung gibt es ebenfalls technische Probleme, die ich aber erst am Montag lösen kann.
Es bleibt mir also wieder nicht viel anderes übrig, als mit einem Buch und Tee im Bett zu liegen.
Hoffentlich wird es morgen wieder besser - diese Einzelhaft macht mich fertig.

Der Stammtisch
Im Dezember will ich zum ersten mal zu einem SHG-Stammtisch gehen. Nach dem SHG-Gruppentreff im Oktober ist das erst das zweite Mal, dass ich Kontakt zu anderen Transsexuellen aufnehme.

Ich bin schon immer die Stille und Zurückhaltende gewesen, und es fällt mir nicht leicht, einfach so zu einem Stammtisch zu gehen, wo ich noch niemand so richtig kenne. So ganz anders wie in meinem Beruf.

Ich berste natürlich schon fast vor Fragen. Aber mir ist auch klar, dass ich es nicht übertreiben darf. Schließlich wartet dort wahrscheinlich niemand auf Frauen, die einen mit Newbie-Fragen löchern.
Aber es wird schon passen und ich freue mich schon darauf. Ich darf mich nicht unter Druck setzen und muss es einfach locker angehen lassen.

Kleider komplett
Ganz aufgeregt bin ich allein schon deshalb, weil ich an diesem Abend wahrscheinlich zum ersten Mal komplett in Frauenkleidern aus dem Haus gehe. Dezent zwar und vielleicht merken es die Leute nicht mal, aber ich weiß, was ich anhabe.
Ob, es klappt hängt nun davon ab, ob meine neue Winterjacke bis dahin geliefert wird und ob sie passt.
Nach monatelangem Hungern hab ich nun 4 Kleidergrößen geschafft und ganz mutig in der neuen Größe bestellt.
Langsam hab ich jetzt zumindest die Basics zusammen, die ich mit ein wenig Geschmack untereinander kombinieren kann, ohne als Charlies-Tante oder Super-Transe aufzufallen.

In kleinen Schritten langsam vorwärts
Ich versuche ohne Eile, aber stetig Dinge zu regeln, Besorgungen zu machen, Informationen zu sammeln, Kontakte zu knüpfen und mich dabei aufrecht zu halten, um meinen Weg wenn auch in kleinen Schritten immer weiter zu gehen.

In einem tollen Blog von Svenja aus Kiel, dass ich wirklich sehr gerne lese, habe ich einen Satz ihres Therapeuten gelesen, den ich mir gemerkt habe. Auch wenn ich noch nicht genau weiß, wie ich das umsetzen soll.

"Leben Sie es - ohne sich dabei weh zu tun."

In diesem Sinne einmal anonyme Grüße an Svenja und Pieps von Svenja and the City.
Ein echtes Super-Blog auch wenn "trans" nun in den Hintergrund tritt - das Leben geht weiter.

So, der Schnupfen meldet sich gnadenlos zurück und mein Tee ist nun auch alle.
Ich wünsche euch einen schönen Sonntag und einen guten Start in die neue Woche.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen