Sonntag, 27. März 2016

Ostermarkt

Nürnberger Ostermarkt
Jedes Jahr wird auf dem Nürnberger Hauptmarkt eine Vielzahl von Buden aufgestellt, in denen Händler Dinge des täglichen Bedarfs, Schmuck oder einfach nur Krimskrams anbieten.
Obwohl das Wetter heute nicht so schön ist, hab ich mich doch aufgehübscht und bin mit der U-Bahn in die Stadt gefahren, um über den Hauptmarkt zu schlendern.

Ich wollte heute einfach nicht daheim rumsitzen, sondern raus und am Leben teilhaben.
Die Osterfeiertage passen mir ja wirklich gut in den Kram, um einfach mal eine zeitlang am Stück als Frau zu leben. So eine Art von Alltagstest im teilgeouteten Zustand sozusagen.
Da rächt es sich wieder, dass ich das letzte Outing verschoben habe... Jetzt bin ich allein unterwegs, weil ich mich nicht wieder als Mann verkleiden will.
Aber an dem besagten Tag war weder die richtige Stimmung, noch der richtige Zeitpunkt.

Taschentick
Wieder zurück zum Ostermarkt.
Die Stände sind wirklich sehr interessant und ich war wirklich froh, dass ich ich extra wenig Bargeld eingesteckt hatte, um nicht glich wieder in einen Kaufrausch zu verfallen.
Die Stände mit den Lederwaren konnte ich kaum wieder verlassen, weil sie sooo tolle Handtaschen hatten. Ich habe auf Anhieb eine braune, eine grüne und eine schwarze Tasche gefunden.
Vielleicht ist der Markt ja auch am Ostermontag noch geöffnet - dann nehme ich mehr Geld mit :o)

Wo ist dieses Ostern?
Neben all dem österlichen Kommerz waren die Kirchen doch ziemlich still.
Auch an den Ständen wirkte es irgendwie mehr wie ein Wochenmarkt als ein Ostermarkt.
Das finde ich nun schon doch etwas schade, weil ich zwar gern shoppe, aber auch Christin bin und mir Ostern deshalb nicht vollkommen egal ist.

Nach Ostern, muss ich wieder in meine andere Rolle zurückwechseln.
Ich vermute, genau so fühlt sich ein Strafgefangener nach dem Freigang, wenn er wieder in die JVA zurückkehren muss.

Aber ich bin optimistisch, dass diese Zeit auch vorübergehen wird.
Alles wird gut.

Frohe Ostern und alles Liebe.

Birgit


Montag, 21. März 2016

Früher war mehr St. Patricks

Früher war nicht alles besser...
Aber es war für mich natürlich schon anders als heute.
Gerade wenn ich sagen würde, dass es besser war, würde ich mich ja glatt selbst belügen.

Vor einigen Tagen wurde ja in Nürnberg wieder einmal grün und heftig der jährliche St. Patricks Day gefeiert. Seit über 15 Jahren war ich an diesem Tag mit meinen Freunden im Finnegans Harp zu finden und wir haben uns wirklich Mühe gegeben, um genug Guinness für den jährlichen Hut zu trinken.
Zusammen mit der Live-Musik von Tony Barkham hatten wir wirklich einige schöne Stunden.

Mein St. Patricks Day 2016 sah dagegen vollkommen anders aus.
Das lag an vielen kleinen Dingen, die sich in den vergangenen Jahren schleichend geändert haben.

Zuerst gibt es momentan in Nürnberg fast schon zuviele Pubs. Während Guinness vor 10 Jahren schwer zu finden und auch der Besuch in einem Pub ein besonderes Flair hatte, ist es nun fast täglich an jeder Ecke verfügbar.

Es ergibt auch keinen Sinn, wenn Traditionen in einer Clique immer nur von Wenigen aufrechterhalten werden und die Organisation immer an den gleichen hängen bleibt. Das macht mir zwar nichts aus, trägt aber doch ein klein wenig zum Einschlafen solcher Aktionen ein.

Zuletzt sind da natürlich noch meine Veränderungen in den letzten Jahren.
Verglichen mit früher geht es mir trotz aller Schicksalsschläge mittlerweile psychisch deutlich besser, weil ich Licht am Ende des Tunnels sehe, darüber sprechen und es mehr und mehr leben kann.
Ich fühle, dass ich meinen Weg gefunden habe, um mit etwas Zuversicht in die Zukunft blicken zu können.

Wie soll ich es anders ausdrücken? ohne Druck und ohne unüberwindbar scheinende Probleme hat man(n) weniger Durst. Ich geniesse mittlerweile andere Dinge und freue mich über mein Leben.

2016 war ich auch im Finnegans Harp. Ich hab ein Guinness auf Irland, auf die Iren, auf meine Freunde und die schöne, vergangene Ära meiner St. Patricks-Feiern getrunken.
Das wars... und es war auch schön - aber anders.

PS:
Sollte von euch jemand in der nächsten Zeit in die Nähe eines Pint Guinness kommen - Slainte!

LG

Birgit



Samstag, 19. März 2016

Stadtbummel mit Klack und Outing mit Hindernissen

Pandora
Wer meinen letzten Post gelesen hat, dem möchte ich gleich zuerst mitteilen: Ich habe es nicht geschafft.
Bei Kaufhof gab es 15% auf Schmuck und da musste ich einfach dieses Pandora-Armband kaufen.
Es passt wie für mich gemacht und schmückt seit einigen Tagen mein rechtes Handgelenk.
Momentan ist es noch leer, aber ich befürchte, dass es nicht lange leer bleibt.

Stadtbummel mit Klack
Am Montag hatte ich wieder sehr früh einen Termin bei meinem Psychologen und weil ich eine Woche Urlaub habe, ging ich komplett als Frau hin (das Büro danach entfiel ja).
Ich habe ganz schön geschwitzt, als ich zum ersten Mal am hellichten Tag komplett gestylt, in meinem Chelseas mit ordentlichen Absätzen durch die Stadt gestöckelt bin.
Soweit ich es beurteilen konnte, bin ich auch nicht sonderlich aufgefallen. Mir kam es aber so vor, als hätte ich die lautesten Absätze der ganzen Stadt und alle würden gucken, wer denn da so fürchterlich klackert.
Nach dem Termin hatte ich mich wieder etwas abgekühlt und stöckelte in einem Anfall von Wagemut einmal quer durch die ganze Innenstadt. Gut - ich musste zwei Kaffeepausen einlegen, weil ich so früh ohne Kaffee mit oder ohne Absätze nicht in Gang komme.
Weil dieser Wagemut anhielt und ich als Frau unterwegs war, habe ich für mich auch gleich das Toiletten-Problem besiegt.
Keiner hat mich dumm angeguckt, oder abfällige Bemerkungen gemacht, das Wetter war toll und es wurde ein total glücklicher Spaziergang für mich.
Ich hätte ewig so weiterlaufen können, wenn mir die Füße nicht so fürchterlich wehgetan hätten (ich bin solche Absätze halt doch noch nicht gewöhnt).
Erschöpft aber glücklich daheim angekommen, habe ich dann zuerst meine Füße gepflegt (ich hatte noch drei Tage lang Muskelkater in den Füßen, dass soll mir mal jemand nachmachen - ein äußerst merkwürdiges Gefühl).

Outing mit Hindernissen
Eigentlich wollte ich mich ja diese Woche bei einer lieben Kollegin outen und hatte mich dazu mit ihr zum Kaffee verabredet. Es ergab sich aber anders und ein langjähriger Kollege kam mit zum Kaffeetrinken. Das war mir dann doch zu heikel. Verschoben ist aber nicht aufgehoben.

Weil ich mir kleine Ziele stecke, um sie auch einzuhalten, habe ich mich dann spontan mit einem langjährigen Freund verabredet.
Weil ich an ihm besonders seine Intelligenz und Verschwiegenheit schätze, wurde ich auch nicht enttäuscht und so hat Birgit wieder einen neuen Freund gewonnen.
Wir hatten ein sehr interessantes Gespräch (wie übrigens bei jedem Treffen) und ich freue mich auf viele  weitere und bin froh, dass ich akzeptiert werde und die Möglichkeit dazu habe.

Solche Momente machen mich immer sehr glücklich.
Mein Urlaub und mein Kaffee neigen sich dem Ende zu und deshalb verlasse ich jetzt meinen Lieblings-Starbucks, in dem es heute brummt wie in einem Bienenstock.

Ach! St. Patricks war ja auch! Darüber schreibe ich das nächste Mal.

Tschüss

Birgit

Samstag, 12. März 2016

Das geschmückte zweite Outing

Wie unterschiedlich die Menschen doch sind...

Es ist wirklich erstaunlich mitzuerleben, wie verschiedene Menschen auf die gleiche Veränderung reagieren. Das soll keine Wertung sein, sondern nur eine Feststellung.

Nach meinem ersten Outing letzte Woche, habe ich mich nun bei einer Arbeitskollegin getraut.
Wir arbeiten schon zehn Jahre zusammen und haben auch privat ein freundschaftliches Verhältnis.

Wir haben uns also in einem gemütlichen Lokal getroffen, wo die Tische nicht zu nahe beieinander stehen und nach dem Essen habe ich ihr zuerst erklärt, warum ich in der letzten Zeit oft erst später ins Büro komme. Danach habe ich ihr dann erklärt, warum ich einen Psychotherpeuten und einen Psychologen aufsuche.

Sie hat sehr lieb und verständnisvoll reagiert und ich durfte das Glücksgefühl ausleben, sie als Freundin zu behalten.
Im Gegensatz zu meinem ersten Outing hatte sie aber auch einen ganzen Blumenstrauß unterschiedliche Fragen. In den nächsten Stunden habe ich mich dann bemüht, diese Fragen so gut wie möglich zu beantworten.
Es war ein überaus ehrlicher, sehr schöner Abend.

Heute Abend hätte ich wohl die Gelegenheit für ein drittes Outing, aber ich fühle, dass es mich trotz der positiven Erlebnisse psychisch und emotional sehr anstrengt.
Outing wie am Fließband mag auch seine Vorteile haben. Aber ich versuche auch immer, den Menschen die mir wichtig sind gerecht zu werden und Ihnen Erklärungen auf ihre Fragen zu liefern.
Ich weiß, dass ich mich eigentlich nicht erklären muss, aber ich persönlich finde, dass einige Menschen durchaus eine Erklärung verdient haben.

Ein Ring sie zu finden? zu binden?

Da es in meinem privaten Umfeld genau sechs Personen(gruppen) gibt, bei denen ich mich persönlich outen möchte, belohne ich mich bei jedem erfolgreichen Outing mit einem schlichten, dünnen Silberring.
Der ist aber nicht zum Finden oder Binden gedacht, ich kann es gar nicht genau erklären - aber die Ringe sind momentan für mich wichtig. Sie erinnern mich an Positives und daran, was ich bereits geschafft habe.
Irgendwann werden sie wohl in einem meiner Schmuckkästchen verschwinden - wenn ich auf meinem Weg weitergegangen bin.

Die Büchse der Pandora ...

... habe ich heute aufgemacht. Ich war nämlich in einer Schmuckabteilung, um den besagten Ring zu kaufen und da fiel mir der aktuelle Pandora-Katalog in die Hände... ich hätte ihn wirklich zulassen und vorallem dortlassen sollen.
Jetzt bin ich pandoramäßig komplett entflammt. Das fing schon mit dem Armband einer Freundin an, mit der ich heute gefrühstückt habe. Ich weiß, die Armbänder sind nichts Neues - aber ich habe ja auch wirklich viel Nachholbedarf.

Lektüre zum Kaffee

Gleich nach diesem Post werde ich mich neben meinem Kaffee diesem Katalog widmen und hoffentlich habe ich genug Selbstbeherrschung, um danach einen großen Bogen um alle Nürnberger Juweliere zu machen und nach Hause zu gehen.

Grüße aus meinem Lieblings-Starbucks, heute zum ersten Mal komplett entspannt inklusive neuem Mascara.

Birgit

Montag, 7. März 2016

Ein Post mit einem Lächeln

Am Samstag hatte ich ja in meiner Verzweiflung vor meinem ersten Outing im privaten Umfeld geschrieben, dass der nächste Post wohl mit einer Träne auf der Wange oder einem Lächeln geschrieben wird.

Es ist ein kleines Lächeln.

Meine beiden Freunde haben wirklich sehr lieb auf meine in vollkommener Nervosität hervorgebrachten Worte reagiert und mir wurde richtig warm ums Herz.
Was da genau mit einem passiert, lässt sich wohl nur schwer in Worte fassen.
Aber ich kann behaupten, dass ich hinterher fast ebenso verwirrt war wie vorher. Nur war die Nervosität etwas gewichen, dass ich wohl am ehesten mit vorsichtiger Erleichterung beschreiben würde.

Nach über 30 Jahren Leidenszeit, kann ich einfach nicht richtig begreifen, dass sich an meiner Situation etwas bessern soll. Ich kann da einfach nicht so schnell umschalten und muss wohl auch erst lernen, mit dieser für mich neuen Situation und den zugehörigen Gefühlen umzugehen.

Hab ich also wieder eine kleine Hürde auf meinem Weg genommen und habe wieder einen Schritt getan. Für mich war das emotional ein Riesenschritt. Wie es meine Freunde in den nächsten Tagen verarbeiten und was noch kommt, werden die nächsten Tage und Wochen zeigen.

Wenn sich am Mittwoch eine günstige Situation ergibt, will ich mich bei einer guten Freundin outen.
Vielleicht bin ich da ja nicht mehr so aufgeregt. Trotzdem ist jedes persönliche Outing und jedes Gespräch anders und für mich genauso wichtig. Aber ich bin überzeugt, dass ich es schaffen kann.

Grüße mit kleinem Lächeln.

Birgit

Samstag, 5. März 2016

Angst vor dem ersten Outing im Freundeskreis

Weniger als 2 Stunden

Ich sitze gerade wie so oft in einer meiner Lieblings-Starbucks-Filialen, schlürfe einen großen Kaffee und versuche dadurch krampfhaft zur Ruhe zu kommen.
Ich habe nämlich Angst.
Heute Abend will ich mich mit einem Pärchen treffen, mit dem ich bereits jahrzehntelang gut befreundet bin und ihnen sagen, dass ich trans-ident bin.

Gestern habe ich das ganze noch für einen notwendigen Schritt und für eine gute Idee gehalten.
Heute schwanke ich zwischen Angst, Nervosität und Verwirrung.

Was ist, wenn sie einfach aufstehen und gehen? Wenn sie... und wenn sie... usw. usw...
Ich weiß, dass diese Gedanken kompletter Blödsinn sind und es fast unmöglich zu erraten ist, wie sie reagieren werden.

Es ist nur so, dass mir diese Menschen wirklich etwas bedeuten. Wir sind bereits so lange befreundet und haben so einiges miteinander erlebt und durchgestanden.
Deshalb ist es für mich etwas vollkommen anderes, als mich in der SHG, beim Arzt, Friseur oder gegenüber unbekannten Menschen zu outen.
Es ist mein erstes Outing in meinem privaten Umfeld vor meinen Freunden und ich muss das Ganze noch mindestens viermal machen.

Ich denke bereits so lange über meinen Weg nach und bin mir über meine Gefühle klar... aber ich habe trotzdem eine Scheiß-Angst einige meiner besten Freunde zu verlieren. Schließlich sind es nicht mal eine Hand voll.
Ich würde am liebsten weglaufen oder das Ganze abblasen.
Aber das würde weder die Situation noch mich retten.
Ich bin, was ich bin und ich kann einfach nicht anders.

Eine kluge Transfrau hat uns in der SHG mit einem unergründlichen Lächeln verkündet: "Egal wie ihr es macht, machen müsst ihr es sowieso."

Ich weiß ja auch nicht, warum ich mich wie eine dusselige Kuh anstelle und hier mit zitternden Fingern auf meinem iPad herumtippe. Schliesslich spreche ich nur aus, was ich seit Jahren bin und will dabei offen und ehrlich zu meinen Freunden sein. Aber was ist, wenn es schiefgeht?

Egal, irgendwie wird es schon werden und ich werde es irgendwie durchstehen und überleben.
Wenn alles gutgehen sollte, freue ich mich über zwei noch bessere Freunde und sie freuen sich vielleicht über eine neue Freundin, die sich nicht immer verstecken und Theater spielen muss.

Den nächsten Post schreibe ich vielleicht mit einer Träne auf der Wange, oder mit einem Lächeln im Gesicht - wer kann das schon wissen?

Drückt mir die Daumen, Ja?

Birgit