Samstag, 3. Februar 2018

Geschlechtsangleichende OP: Die nächsten Tage

Nachdem im letzten Post ja alle Tage chronologisch aufgezählt wurden, unterbreche ich diese Chronololgie vielleicht, weil alle Krankenhaustage einer gewissen Struktur folgen und ich nur von den für mich relevanten Ereignissen erzählen möchte.

Tag 4: Laufen
Der vierte Tag war ein Sonntag. Normalerweise passiert ja an den Wochenenden im Krankenhaus nicht so viel.
Einige kleine Dinge möchte ich aber schon schreiben.

Der Tag verlief wie gewohnt, als Schwester N. mein Zimmer betrat und mir mitteilte, dass es natürlich nicht das Ziel sei mit der Matratze zu verwachsen, sondern wegen dem Kreislauf und um den Heilungsprozess zu unterstützen, sollte ich mich ganz vorsichtig einige Schritte auf den Flur hinauswagen, um wieder mobil zu werden.

Also nahm ich mir vor, alle 2 Stunden einige Minuten auf dem Flur auf-, und ab zu gehen.
Nach einigen Tagen im Zimmer war das eine willkommene Abwechslung und ich schaute den Schwestern und Pflegern bei ihren täglichen Pflichten zu.
Auf einer meiner „Wanderungen“ entdeckte ich sogar Dr. Markovsky mit einem Filmteam von SternTV, welches wohl gerade eine Reportage über Transmänner vorbereitete.

Nachmittags bekam ich unerwarteten Besuch von C. der Schwester N. erzählt hatte, dass ich ihr die Geschichte mit dem Umkippen aus dem Internet erzählt hatte. Wir unterhielten uns kurz und ich bekam ihre Visitenkarte.

Tag 5: Die Horde und ein neues Zimmer
Der Tag begann eigentlich ganz harmlos. Gerade aufgewacht (und in einem noch ziemlich derrangiertem Zustand) tunkte ich gerade meinen Teelöffel mühselig in einen kleinen Becher Birnenjoghurt, als sich die Tür öffnete und eine Unmenge von Ärzten mein kleines Zimmer betrat.
Ich muss wohl wie eine Schildkröte ausgesehen haben, der man gerade das Salatblatt weggenommen hatte, denn der Anführer entschuldigte sich und sie verschwanden genau so schnell, wie sie gekommen waren.
Ich war einigermaßen verwirrt, richtete mich schnell her und wartete - aber sie kamen nicht wieder zurück.

Dafür kam Schwester A.K. und teilte mir mit, dass ich in ein Mehrbett-Zimmer verlegt werden würde (ich hatte keine Zusatzversicherung).
Also packte ich alsbald meine Sachen und Schwester N. half mir dabei alles in das angrenzende 2-Bett-Zimmer zu verfrachten.
Dort wartete schon C. auf mich und wir verstanden uns auf Anhieb sehr gut und bildeten fortan das „Elfen-Team“.

Tag 6: Der Verband
Nach meinen bisherigen Erfahrungen beinhaltet der Heilungsprozess diverse Meilensteine. Wird einer erreicht, geht es weiter. Gibt es Komplikationen, verzögert sich der Ablauf.
Einer dieser Meilensteine ist die Entfernung des Verbandes.
In den ersten Tagen nach der OP ist Frau da unten ja überaus gut eingepackt - ich nenne es mal den „Panzer“.
Dieser besteht aus: Verband, Stent, Katheter und Klammern.
Das Entfernen des Verbandes war zwar eine ziemliche Sauerei, aber nicht schmerzhaft (auch weil die beiden Ärztinnen sehr vorsichtig waren).
Allerdings treten dabei sehr ungewohnte Gefühle an Stellen auf, an denen vorher weder Gefühle noch Stellen waren.
Leider hatte ich seit einigen Tagen am Abend eine erhöhte Temperatur > 38° Blut-, und Urinwerte waren zwar normal, aber es nervte mich doch etwas, weil ich mich eigentlich gut fühlte. Mir war lediglich Abends immer ein wenig kühl - ich schob es auf die unterbrochene Hormonersatztherapie.
Aber Pfleger R. (seeeehr viel Erfahrung) meinte, es könnte auch von meinem „Freund“ dem Stent kommen.

Die gute C. ist aufgrund ihrer Tätigkeit in einer SHG und für die dgti eine kleine Berühmtheit.
So ließ auch Besuch nicht auf sich warten und ich lernte einige nette Menschen kennen.

Tag 7: Der Stent
Mein Panzer wurde weiter abgebaut und nach kurzem, beherztem Zugreifen (und einer kleinen Sauerei) war ich auch den Stent los.
Meine Freiheit wuchs und ich konnte dadurch interessante Gespräche mit C. führen. Wir hatten eine Menge Spaß und blödelten auch mal herum, um unseren Alltag ein wenig aufzulockern.
Währenddessen gewöhnten wir uns auch an den Umgang mit unseren neuen Begleitern, dem Katheter, Binden und echt sexy Netzhöschen.
All das verschaffte uns wieder eine kleine Portion Selbstständigkeit und erleichterte uns das Leben.

Tag 8: Der Katheter
Dieser Katheter ist ein ganz besonderer Meilenstein. Komplikationen bei diesem Schritt können nämlich eine ganze Menge Probleme verursachen.
Bei der Visite teilte mir Dr. Markovsky mit, dass ich heute meinen Katheter loswerden würde.
Mein kleines Temperaturproblem bestand leider weiter fort und wurde weiter beobachtet, hinderte mich aber nicht weiter.
Nachdem alle Ärzte gegangen waren, erschein Pfleger M. und trennte kurzerhand (...Ziiip!) die Verbindung zu meinem fast schon liebgewonnenem „Freund“.
Nun hieß es wirklich „Abwarten & Trinken“. Denn klappte nach dem Ziehen des Katheters das natürliche Bedürfnis nicht, muss er ja wieder rein.
Bei Rein und Raus kann es aber immer zu Komplikationen kommen (dafür ist diese Körperregion ja nicht konzipiert).
Deshalb war ich echt froh, dass gleich alles gut funktionierte.
Der „Panzer“ hatte wieder ein Teil verloren und ich wurde somit wieder ein Stück beweglicher.

Nun hatte sich doch wirklich der erste Besuch angekündigt.
Ich rechnete eigentlich nicht mit Besuch (wer kann denn schon so einfach mal unter der Woche nach München fahren und einen Krankenbesuch machen?).
Ein guter Freund im Sabbatical und ein pensionierter Kollege (mit dem ich auch gut befreundet bin) nahmen die Strecke sogar bei Schnee auf sich um mich im Krankenhaus zu besuchen. Da geht einem wirklich das Herz auf. Sie akzeptieren und begleiten nicht nur Deine Transition und halten zu Dir, sondern sie kommen auch noch persönlich ins Krankenhaus.

Nach einem sehr kurzweiligen Nachmittag verabschiedeten sich beide gegen Abend und ich kroch mit feuchten Augen unter meine Bettdecke...

Das war wieder ein ganzes Stück Text. Natürlich ist noch viel mehr passiert - aber soviel will doch Niemand lesen oder?

Birgit 

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