Samstag, 30. April 2016

Der Endlos-Endokrinologe, meine No-Guitar-Week und erstes Outing in der Firma

Das Trans*-Bermuda-Dreieck
Bisher hatte ich ja bei der Auswahl meiner Unterstützer auf meinem Weg und mit den Terminen immer sehr viel Glück. Egal ob Hausärztin, Psychiater oder Psychologe, alle hatten ziemlich zeitnah einen Termin und komme auch sehr gut mit ihnen aus.

Beim Endokrinologen ist aber irgendwie der Wurm drin.
In einer Praxis bekam ich zwar sehr schnell einen Termin, jedoch stimmte die Chemie leider irgendwie nicht.
Deshalb bin ich jetzt wohl auch zum ersten Mal im Trans*-Bermuda-Dreieck gelandet (kenne keinen <> will nicht <> kann nicht).
Es kann doch nicht so schwer sein, einen Endokrinologen zu finden, der sich mit Transidentität befasst oder zumindest schon mal was davon gehört hat?
Da ist es ja kein Wunder, dass viele ihr Heil in der Selbstmedikation aus dem Internet suchen (ich lehne das aber ab, weil es wohl wirklich eine gefährliche Sache ist).
Aber zur Not muss ich halt nach Erlangen in die Trans-Ambulanz.

Meine No-Guitar-Week
Meine Nägel begeistern mich immer noch, obwohl ich sie diese Woche tatsächlich etwas kürzen lassen musste, weil ich sonst beim besten Willen nicht mehr Gitarre spielen konnte.
Nach einer No-Guitar-Week habe ich also bei einer der guten Feen von Tommy Nails vorbeigeschaut und meine Nägel etwas kürzen lassen (mein Herz hat geblutet).
Aber zum Glück sehen sie auch kürzer immer noch sehr ansehnlich aus und ich kann gar nicht verstehen, warum ich mich so lange selbst damit herumgequält habe.


Nach einer sehr anstrengenden Woche gönne ich mir einen tollen Milchkaffee in einem meiner Lieblings-Cafe's in Nürnberg.
Den Ring hat mir übrigens eine liebe Kollegin und Freundin aus Freude darüber geschenkt, dass sie eine neue Freundin gewonnen hat. Das hat mich sehr gerührt - es war eine komplett neue Erfahrung und ich werde diesen Tag niemals vergessen.

Outing in der Firma
Seit 2012 schreibe ich hier mehr oder weniger regelmässig meine Gedanken und Erlebnisse während meiner Transition nieder. Dabei war mir immer klar, wohin ich möchte, aber auf dem Weg gibt es einige Kreuzungen, bei denen wacklige Brücken oder 6-spurige Autobahnen überquert werden müssen, um weitergehen zu können.

Eine dieser Autobahnen ist das Outing am Arbeitsplatz. Ich persönlich hatte Angst davor und war dementsprechend aufgeregt. Nachdem ich mich ja schon vor einigen Wochen bei einer lieben Kollegin geoutet habe und wir uns sehr gut verstehen, habe ich diese Woche meinen Betriebsrat informiert, mit dem ich auch schon über zehn Jahre zusammenarbeite.

Dazu hatte ich einen offiziellen Termin vereinbart und Flyer vom Trans-Ident e.V. und einen Trans*-Flyer speziell für Betriebs-, und Personalräte im Gepäck. Das Gespräch verlief sehr gut und er war überrascht aber auch interessiert. Das Thema war ihm nicht fremd, aber er hatte bisher keinen transidenten Menschen persönlich kennengelernt.
Deshalb versprach er mir, dass er sich mit dem Diversity-Beauftragten des Unternehmens in Verbindung setzen wird, um mehr Informationen und vielleicht auch einige Erfahrungen zu dem Thema direkt aus dem doch sehr großen Konzern zu bekommen.
Das Thema Trans* soll auch innerhalb unseres Betriebsratsgremiums einmal zur Sprache kommen, um Wissen zu teilen und zu gewinnen.

Für mich bedeutet das, dass ich mich wenn mir der Zeitpunkt passend erscheint, bei meinen Chefs und der Belegschaft mit der Unterstützung des Betriebsrats outen kann.
Obwohl der psychische Stress für mich vor einem Outing jedes Mal enorm ist, führt kein Weg daran vorbei und ich bin froh, dass wieder ein Mosaiksteinchen an seinem Platz ist.

Eure Birgit

Samstag, 23. April 2016

Nageltraum

Traumnägel...
wollte ich schon mein Leben lang haben, nachdem ich von Natur aus nicht mit der schönsten Nagelform gesegnet bin und meine Fingernägel zudem ständig abbrechen.

Nach jahrelangem Pflegen, Feilen, Lackieren und Überlackieren, hatte ich diese Woche spontan keine Lust mehr. Zwei Tage später sahen meine Nägel trotzdem nicht mehr schön aus. Mein Bad ähnelte immer mehr einem Nagelstudio und das alles war nicht gerade billig.

Perfection made in Asia
Also bin ich heute einfach mal in ein Nagelstudio in der Innenstadt gegangen, hab mich beraten lassen und mich danach für kurze Nägel (wegen der Gitarre) in einem dezenten French-Design entschieden.
Ich hab ich etwas gewundert, dass alle Mitarbeiterinnen in dem Studio asiatischer Abstammung waren, aber sie waren alle sehr zuvorkommend und nett.

Vorallem war meine Nagelfee aber Perfektionistin!
Ich war ja schon kurz vor Ende der Behandlung vollkommen hingerissen, aber ihr war die Lackierung noch nicht perfekt genug und sie arbeitete an drei Fingern nochmal nach.
Den Preis fand ich auch vollkommen in Ordnung und so bedankte ich mich zahlte und ging auf Shopping-Tour.

Tarnen & Täuschen
Obwohl mir die Visagistin schon vor einigen Wochen gesagt hatte, dass im Namen der Schönheit bei Frauen alle Tricks erlaubt sind, verwundert es mich doch immer wieder, wie aufwändig und perfekt alles ist.

Berühren verboten
Ich weiß nicht, wie es da anderen transidenten Menschen da geht, aber ich lasse mich nicht gerne von anderen Menschen anfassen. Das war schon immer so und hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass ich meinen Männerkörper nicht mag.
Als Mann gibt es außer beim Friseur oder Arzt auch keinen Grund für Berührungen.

Ich musste aber feststellen (und habe dazugelernt), dass es bei Frauen vollkommen normal ist berührt zu werden. Ich habe das mittlerweile aktzeptiert und versuche es mittlerweile zu genießen, wenn ich mich stylen lasse.

Es gibt doch immer wieder noch schöne Dinge zu entdecken.
Das gibt mir Lebensfreude und zeigt mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin.

Eure

Birgit

Montag, 11. April 2016

Trans-Ident: Leben mit gebremstem Schaum?

Vor einigen Monaten habe ich mir während eines Treffens des Trans-Ident e.V. in Nürnberg einen Vortrag von Dr. Helgard Hefner angehört.
Während dieses Vortrages erwähnte sie, dass das Leben eines trans-identen Menschen vor dem Outing bzw. während der Transition einem "Leben mit gebremstem Schaum" entspricht. Über diese Aussage habe ich mir so meine Gedanken gemacht und ich kann eigentlich nur zustimmen, weil es in meinem Leben deutliche Parallelen gab und immer noch gibt.

Ich hab hier mal aufgeschrieben, welche Dinge mir spontan einfallen, bei denen eine Transfrau (Transmännern geht es evtl. genauso - aber ich betrachte die weibliche Seite) Abstriche machen muss:

- eigene Kinder
- Parter(in) & Familie (bis zum Outing kann man nicht ganz ehrlich sein).
- Strandurlaub (dabei war ich immer so gerne am Meer...)
- Sport und Freibad im Sommer (sieht während der Transition evtl. merkwürdig aus).
- körperliche Nähe (mochte ich nie besonders, weil ich meinen Männerkörper innig hasse).
- luftige Klamotten

Einige Dinge werden bestimmt mit der Zeit einfacher/unkomplizierter und vielleicht ist mir ja auch nicht alles eingefallen. Aber ich muss sagen, bei einigen Dingen empfinde ich mich als Transfrau einfach eingeschränkt bzw. kann ich sie einfach nicht mehr so wie früher machen.

Das ist oft nicht lustig. Trotzdem gehe ich diesen Weg immer weiter, weil ich fühle, dass es für mich der einzig richtige ist. Ich kann aber mit Fug und Recht behaupten, dass die Transition an sich kein Spaß ist und ich noch niemanden getroffen habe, der das ganze Paket aus Spaß oder einer Laune heraus auf sich nimmt.

Egal wie abgebrüht, ruhig oder lustig wir daherkommen - dahinter steckt immer ein enormer Leidensdruck.
Wegen diesem Leidensdruck lassen wir uns belächeln, mit Laserstrahlen beschießen, mit elektrischen Nadeln pieksen, machen mehr als einen Seelen-Strip, setzen Freundschaften, Beziehungen, den Arbeitsplatz und mit Hormonen und GaOP unsere Gesundheit aufs Spiel.

Alles, damit wir nicht mehr mit gebremstem Schaum Leben müssen...

LG
Birgit


Samstag, 2. April 2016

Schminken? wie geht'n das?

Wohlbefinden und Passing...
... sind für transidente Menschen ein elementarer Bestandteil ihres Alltags.
Ich bin ja gerade in der Phase des Outings und da gehört natürlich auch der Alltagstest dazu.
Im Alltagstest soll man sich ja selbst ausprobieren und für sich selbst herausfinden, ob die angestrebte Geschlechterrolle wirklich zu einem passt und ob man sie künftig für immer rund um die Uhr leben kann.
Bei mir ist es so, dass ich ich mich einfach nicht wohl fühle, wenn ich mir selbst nicht gefalle und nicht das Gefühl habe einigermaßen passabel auszusehen.

Einzel-Schminkkurs bei Karin Sippel von Special-Trade
Deshalb hatte ich mir für diese Woche einen Grundlagen-Schminkkurs bei der lieben Visagistin Karin von Special-Trade in Schwaig bei Nürnberg gebucht.
Nach einer kurzen Fahrt mit der S1 und einem kleinen Spaziergang durch Schwaig, konnte das in mehrere Punkte gegliederte Programm starten.

Karin und ich schminkten uns bei den einzelnen Schritten selbst gleichzeitig, und neben grundsätzlichen Erklärungen, Tipps & Tricks und Empfehlungen blieb immer noch genug Zeit für Fragen übrig.

Nachdem wir von der Feuchtigkeitscreme bis zur Wimperntusche alle Punkte durchlaufen hatten, war ich vom Ergebnis wirklich vollkommen begeistert. Dabei war das wirklich eine Daily-Routine und hat (ohne Erklärungen und Fragen meinerseits) gar nicht so lange gedauert.

Danach noch kurz ein Foto für meinen zukünftigen dgti-Ausweis gemacht, noch ein bischen geplaudert und dann wieder mit der S-Bahn zurück nach Nürnberg.

Braucht man wirklich einen Kurs der Geld kostet, oder reicht auch YouTube?
Ich finde, das muss jede für sich entscheiden.

Ich kann nur sagen, obwohl ich mit Farbwahl, Auswahl der Kosmetika usw. gar nicht so falsch lag, habe ich doch eine Unmenge kleiner und großer Dinge gelernt, die YouTube nicht bietet.
Karin geht auf Fragen ein und gibt einem das gute Gefühl, dass mit ein bisschen Übung fast alles möglich ist. Das soll YouTube mal nachmachen...

Ich brauchte das - ich wollte sehen, was möglich ist und ob ich zukünftig als normale Frau durch die Welt gehen kann. Ich kann nur sagen, dass ich gesehen und gespürt habe, dass es für mich möglich ist.

Allein diese innere Erkenntnis war mir das Geld für den Kurs mehr als wert.
Allen in einer ähnlichen Situation kann ich diesen Kurs nur empfehlen.

Ich denke, ich war nicht zum letzten Mal in Schwaig.

Die Sonne scheint - Kopf hoch.

Birgit