Manchmal werdet Ihr wach und habt das Gefühl, irgend jemand hat euch einen gebrauchten Tag angedreht. Der Tag wird dann aber auch genau so schlimm wie befürchtet.
Mir ging es letzte Woche so. Zuerst ließ mich die U-Bahn im Stich. Auf einen nasskalten Spaziergang folgte ein äußerst stressiger Tag im Büro und danach schnell nach Hause hetzen. Rasieren, Umziehen und dann gleich weiter zum Grupppentreff meiner SHG.
Dort angekommen, ging es schon merklich entspannter zu und ich konnte etwas zur Ruhe kommen.
Nach den offiziellen Themen fragte mich jemand, seit wann ich mich schon mit meiner Transidentität beschäftige und nach einigem Nachdenken kam ich darauf, dass es schon Ende der 80er gewesen sein muss.
Sie sagte, dass man auch zu lange mit dem Thema herumtun kann und das ich mehr an mir selbst arbeiten sollte um auf meinem Weg vorwärts zu kommmen. Psychologe, Hormone, OP sind nur Stationen an denen man sich nicht entlang hangeln soll.
Irgendwie hatte sie mit allem schon recht, aber ich brauche anscheinend irgendwelche Etappenziele als Leitplanken. So stark, dass alles aus mir selbst klappt bin ich wohl doch nicht.
Darum, dass sie alles angegehen konnte, beneidete ich sie schon etwas.
Dann kamen wir auf mein Outfit und meine Haare zu sprechen, und sie meinte, dass ich wohl um eine Perücke nicht herumkommen würde, weil ich schon zu wenig Haare für eine vernünftige Frisur hätte.
Vielleicht hat sie auch damit recht, aber unter dem Strich verließ ich den Treff mit einem unguten Gefühl und eher demoralisiert und niedergeschlagen. Es dauerte bis zum nächsten Morgen um psychisch wieder ein wenig auf die Beine zu kommen und mit einem halbwegs guten Gefühl in den Tag zu starten.
Der Abend hat mich aber eines gelehrt: Gespräche sind gut und wichtig, aber sie können auch ein zweischneidiges Schwert sein. Trotzallem danke ich ihr natürlich für ihre Meinung und diese Erkenntnis.
Nächste Woche geht es dann endlich wieder den Barthaaren und zum ersten Mal auch den Haaren auf der Brust an den Kragen. Wieder ein kleines Stückchen weiter auf meinem Weg, das mir wieder etwas Kraft gibt. Da ich ja immer auf der Suche nach schönen Shirts und Pollovern bin und der Hals bei Damen immer äußerst großzügig ausfällt, ist das schon wichtig.
Die Mädels von der SHG hatten auch ein paar Adressen von guten Psychologen für mich, so dass ich nächste Wochen wegen einem ersten Termin anrufen kann. Mein Friseurtermin rückt auch immer näher, und bald kann ich mich wieder mit einem guten Gewissen unter die Leute wagen.
Leute...
Heute bin ich ja ungewöhnlicherweise mal Sonntags in meinem Lieblings-Starbucks.
Leider ist er brechend voll. Viele Studenten lernen konzentriert über ihre Notebooks gebeugt oder diskutieren in Lernkreisen verschiedene Themen.
Familien mit Horden von quengeligen Kindern vervollständigen die Geräuschkulisse.
Ich kann aber leider nicht heruasfinden, wer nun eigentlich lauter ist - die Kinder oder die entnervten Eltern.
Hmmm... wie ein Gespräch funktioniert wohl auch Erziehung in beide Richtungen gleichzeitig...
Aber egal - kein Problem - ich mag Kinder und meine große Tasse Christmas Blend neigt ohnehin sich ihrem Ende zu.
Meinen nächsten Post gibt es dann wieder (wenn es etwas Neues gibt) aus einem Pool meditativer Ruhe.
Liebe Grüße und einen schönen Sonntag.
Birgit
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