Sonntag, 26. Januar 2014

Auf und Ab - Aber immer Vorwärts

Kennt ihr das?
Manchmal werdet Ihr wach und habt das Gefühl, irgend jemand hat euch einen gebrauchten Tag angedreht. Der Tag wird dann aber auch genau so schlimm wie befürchtet.

Mir ging es letzte Woche so. Zuerst ließ mich die U-Bahn im Stich. Auf einen nasskalten Spaziergang folgte ein äußerst stressiger Tag im Büro und danach schnell nach Hause hetzen. Rasieren, Umziehen und dann gleich weiter zum Grupppentreff meiner SHG.

Dort angekommen, ging es schon merklich entspannter zu und ich konnte etwas zur Ruhe kommen.
Nach den offiziellen Themen fragte mich jemand, seit wann ich mich schon mit meiner Transidentität beschäftige und nach einigem Nachdenken kam ich darauf, dass es schon Ende der 80er gewesen sein muss.

Sie sagte, dass man auch zu lange mit dem Thema herumtun kann und das ich mehr an mir selbst arbeiten sollte um auf meinem Weg vorwärts zu kommmen. Psychologe, Hormone, OP sind nur Stationen an denen man sich nicht entlang hangeln soll.
Irgendwie hatte sie mit allem schon recht, aber ich brauche anscheinend irgendwelche Etappenziele als Leitplanken. So stark, dass alles aus mir selbst klappt bin ich wohl doch nicht.
Darum, dass sie alles angegehen konnte, beneidete ich sie schon etwas.

Dann kamen wir auf mein Outfit und meine Haare zu sprechen, und sie meinte, dass ich wohl um eine Perücke nicht herumkommen würde, weil ich schon zu wenig Haare für eine vernünftige Frisur hätte.
Vielleicht hat sie auch damit recht, aber unter dem Strich verließ ich den Treff mit einem unguten Gefühl und eher demoralisiert und niedergeschlagen. Es dauerte bis zum nächsten Morgen um psychisch wieder ein wenig auf die Beine zu kommen und mit einem halbwegs guten Gefühl in den Tag zu starten.

Der Abend hat mich aber eines gelehrt: Gespräche sind gut und wichtig, aber sie können auch ein zweischneidiges Schwert sein. Trotzallem danke ich ihr natürlich für ihre Meinung und diese Erkenntnis.

Nächste Woche geht es dann endlich wieder den Barthaaren und zum ersten Mal auch den Haaren auf der Brust an den Kragen. Wieder ein kleines Stückchen weiter auf meinem Weg, das mir wieder etwas Kraft gibt. Da ich ja immer auf der Suche nach schönen Shirts und Pollovern bin und der Hals bei Damen immer äußerst großzügig ausfällt, ist das schon wichtig.

Die Mädels von der SHG hatten auch ein paar Adressen von guten Psychologen für mich, so dass ich nächste Wochen wegen einem ersten Termin anrufen kann. Mein Friseurtermin rückt auch immer näher, und bald kann ich mich wieder mit einem guten Gewissen unter die Leute wagen.

Leute... 
Heute bin ich ja ungewöhnlicherweise mal Sonntags in meinem Lieblings-Starbucks.
Leider ist er brechend voll. Viele Studenten lernen konzentriert über ihre Notebooks gebeugt oder diskutieren in Lernkreisen verschiedene Themen.
Familien mit Horden von quengeligen Kindern vervollständigen die Geräuschkulisse.
Ich kann aber leider nicht heruasfinden, wer nun eigentlich lauter ist - die Kinder oder die entnervten Eltern.
Hmmm... wie ein Gespräch funktioniert wohl auch Erziehung in beide Richtungen gleichzeitig...

Aber egal - kein Problem - ich mag Kinder und meine große Tasse Christmas Blend neigt ohnehin sich ihrem Ende zu.
Meinen nächsten Post gibt es dann wieder (wenn es etwas Neues gibt) aus einem Pool meditativer Ruhe.

Liebe Grüße und einen schönen Sonntag.

Birgit

Freitag, 10. Januar 2014

To cut or not to cut

Neues...
... habe ich nicht vieles zu berichten. Weihnachten, Silvester und die ganzen Feiertage sind dieses Jahr kurz, schmerzlos und ziemlich schnell an mir vorbeigezogen.
Das finde ich schon etwas schade, weil ich gerade die Vorweihnachtszeit sehr gerne mag.
So ohne Schnee bin ich nun schon etwas traurig.

Stammtisch
Ich war auch mal wieder beim Stammtisch des Trans-Ident e.V.
Auch dieses mal habe ich wieder sehr nette Menschen getroffen und mich sehr wohl gefühlt.
Mein Problem war bzw. sind immer noch die öffentlichen Verkehrsmittel, weil es gerade in dieser Gegend Nachts als Transidente nicht immer ganz so einfach ist.
Deshalb bin ich bei den Stammtischen oft regelrecht emotional erschöpft und dann ziemlich schweigsam. Aber ich bin sowieso eigentlich eher die Zuhörerin - da ist mein Blog wohl eher die Ausnahme.

To Cut...
Langsam wird es echt schwierig und nervig mit meiner Frisur und ich denke, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis ich echten Ärger mit meinem Umfeld bekomme.
Das wäre mir, wie ich bereits geschrieben habe, ja egal - Aber: So langsam fühle ich mich ohne richtige Frisur oder einen Haarschnitt selbst nicht mehr wohl. Ich werde zunehmend dünnhäutig und die dauernden Anspielungen gehen mir zunehmend auf die Nerven.
Das geht schon so weit, dass ich mich schon schlecht fühle, wenn mich Fremde auf der Straße ansehen.
Ich werde also bald einen Termin bei einem trans-freundlichen Friseur machen und mir mein ersten Frauen-Haarschnitt machen lassen. Er soll aber noch nicht zu weiblich sein. Das tut schon weh, wenn die so mühsam gewachsenen, längeren Haare abgeschnitten werden, aber ich kann ja nicht wie ein Wischmopp herumlaufen.
Hoffentlich bekomme ich eine gute Beratung, die habe ich nämlich bitter nötig.

Vorsätze
Ich hab an Silvester irgendwie gar keine neuen guten Vorsätze für 2014 gefasst. Aber das war irgendwie auch egal, weil eh viele bereits 2013 da waren.

Am Stammtisch hab ich mich mit einigen Transfrauen über Psychologen unterhalten und hab für mich irgendwie herausgefunden: Das ist ein Kuddelmuddel! So was wie Anleitung und Hilfe ist schwierig.
Deshalb versuche ich meinem Bauchgefühl zu folgen (und das ist gar nicht so einfach, wenn man seine Gefühle 40 Jahre lang komplett unterdrückt hat).
Zuerst will ich versuchen, einen Termin bei einer Psychologin zu bekommen, die schon ein wenig Erfahrung mit Trans hat. Eine Frau ist mir irgendwie lieber.

Letztes Jahr hab ich mich ja davor gedrückt, weil es für mich ein gewaltiger Schritt ist.
In meiner Familie "geht man nicht zum Psychologen" und es bedeutet für mich auch ein Stück mich selbst anzunehmen und mir Hilfe zu suchen.
Ich fühle jetzt, dass es einfach sein muss! Hoffentlich muss ich nicht monatelang auf einen Termin warten.

Liebe Grüße Birgit